10 gute Tipps für den sicheren Umgang mit Rollstuhlfahrern.

  • 1. Ein Rollstuhlfahrer ist ein Mensch wie Du und ich. Nur das körperliche Handicap unterscheidet ihn von uns. Die mitleidig-ermunternde "Kopfstreichel-Schulterklopf-Methode" ist nicht der richtige Weg um einen guten Kontakt zu ihm aufzubauen. Behandeln Sie ihn einfach als gleichwertigen Partner.


    2. Kündigen Sie eine Hilfestellung immer kurz vorher an : „ich werde jetzt ...“. Das gibt dem Rollstuhlfahrer ein Gefühl der Sicherheit.


    3. Fragen Sie den Rollstuhlfahrer, wie Sie ihm am besten helfen können. Und fragen Sie ihn auch was er allein machen kann und will.


    4. Begeben Sie sich auf dieselbe Ebene wie der Rollstuhlfahrer um mit ihm zu sprechen. Knien Sie sich dazu öfters neben ihn hin oder beugen Sie sich zu ihm herunter. Achten Sie dabei auf Augenkontakt.


    5. Platzieren Sie den Rollstuhlfahrer bei Gesprächen mit Dritten im Stehen gut, damit er sich nicht den Hals verrenken muss um am Gespräch teilzunehmen. Ein Gespräch im Sitzen ist natürlich am besten, da sich alle auf derselben Ebene befinden.


    6. Bestehen Sie darauf, dass der Rollstuhlfahrer seine Wünsche selbst äußert beim Einkaufen, bei Freizeitaktivitäten und Arztbesuchen, denn sonst entmündigen Sie ihn.


    7. Bedenken Sie, dass der Blickwinkel des Rollstuhlfahrers viel tiefer liegt als ihrer. Beugen Sie sich deshalb immer zu ihm herab um ihm etwas zu zeigen.


    8. Fragen Sie den Rollstuhlfahrer beim Einkaufen, ob er bereit ist einen kleinen Karton auf die Knie zu nehmen, um die Ware zu transportieren. Ein Einkaufswagen würde Sie daran hindern ihn zu schieben. Außer, wenn der Rollstuhlfahrer sich selbst fortbewegen kann.


    9. Bedenken Sie bitte, dass der Rollstuhlfahrer Ihnen völlig ausgeliefert ist. Gehen Sie deshalb behutsam mit ihm um und nehmen Sie sich für alle Hilfestellungen die nötige Zeit.


    10. Geben Sie dem Rollstuhlfahrer die Gelegenheit mit einem Kind zu sprechen, das staunend vor seinem Rollstuhl stehen bleibt, damit er ihm sein „Anderssein“ erklären kann.



    Wie denkt Ihr darüber? Wie sind Eure Erfahrungen?


    Ich würde mich freuen, wenn eine rege Diskusion entstünde.


    LG, Heike

  • Letztlich sind das Benimmregeln, die erklären, wie man einem anderen Menschen Achtung zeigt. Achtung vor seiner Person, die oft durch die unterschiedliche Augenhöhe ausgedrückt wird.
    Es sind archaische Verhaltensweisen, mit denen wir Hierarchien ausdrücken, die sich bei einem Rollstuhlfahrer gegen ihn wenden, ohne dass einer der Beteiligten es will, aber dennoch kann sich keiner emotional widersetzen.

    Das Spiel machen daher oft beide Seiten ungewollt mit, der Stehende ebenso, wie der Sitzende. Deshalb stand der kaiserliche Thron auch so erhöht, dass der Stehende vor dem sitzenden Monarchen noch immer unten war.

    Hinzu kommt die Körpersprache, die es dem Rollifahrer oft schwer macht. Es ist eben doppelt schwer mit "Bauch rein, Brust raus, Kopf hoch, Rücken gerade". Überhaupt ist die Körpersprache für einen Behinderten sehr schwer als Kommunikationsmittel einsetzbar, besonders bei Bewegungsstörungen wie bei einer Ataxie. Klare bestimmende Gesten sind sehr schwer und damit ist es für die "anderen" schwer, nicht in die beherrschende Rolle zu geraten. Ob sie wollen oder nicht.

    Aber ich glaube, das kann man üben und man sollte es tun. Selbst wenn es blöd klingt, auch vor dem Spiegel. Man sollte es tun, um diese Sprache besser zu lernen, um sich der Situation bewusster zu werden, und sie dadurch bsser zu beherrschen, auch um zu sehen, wie andere einen sehen.

    Aber das gilt nicht nur für Rollifahrer, sie sind eben wie jeder andere, nur wird da das Problem besonders deutlich.

  • Also ich muss sagen, dass es wirklich schon bescheuerte (entschuldigt den Ausdruck) Leute gibt! Ich selbst sitze (zumindest draußen für weitere Strecken) im Rolli und erlebe dadurch auch sehr viel!


    So ist es mir doch schon ein paarmal passiert, dass ich von kleinen Kindern angeguckt wurde und diese dann ihre Eltern fragten "Mama (oder Papa), was ist das!?" Manche Eltern erklären ihren Kindern die Sache wirklich gut, dass die Beine des Rollifahrers nicht richtig wollen/funktionieren und man deshalb im Rollstuhl sitzt!


    Es kommt aber auch mal vor, dass Eltern ihren Kindern sagen:"Die/Der ist nur zu faul zum laufen!" Als ich das gehört habe, sind mir sämtliche Gesichtszüge entglitten und bin dann zu dem Kind gefahren und habe die Sache richtig gestellt! Da haben mich die betreffenden Eltern ziemlich blöd angesehen! Aber das war mir ziemlich egal!


    Das konnte ich so nicht stehen lassen!!!


    Ein anderes Mal war ich an Rosenmontag mit dem Rolli in der Stadt! Da sprach mich eine Frau (ein paar Jahre älter als ich) an und meinte:"Ihr Kostüm ist ja mal originell!" Ich guckte die Frau verdutzt an und meinte:"Wie bitte"!? da ich dachte, ich hätte mich verhört! Als sie das nochmal wiederholte, meinte ich zu ihr:"Passen sie mal auf junge Frau, dieses ist MEIN Rollstuhl, da ICH Querschnittsgelähmt bin!" Sie hat sich für ihr Verhalten entschuldigt und ging!


    Was sagt uns das? Erst denken, dann reden! :mad:

  • hüstel ... aber etwas angestaubt ist es schon. ;)

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

  • Es stellt sich für mich auch die Frage, wie gehe ich als "Rollifahrerin" auf mein Umfeld zu?

    Genau so sehe ich das auch. Ich erwarte eigentlich wenig an speziellen Umgangsformen und nehme oft die Menschen so wie sie halt sind. Das entspannt oft die Unentspannten.


    Aber ist Tagesformabhängig, so mancher kann auch voll in alle Fettnäpfe tappsen, aber auch rollen ... :fettnapf:

    10. Geben Sie dem Rollstuhlfahrer die Gelegenheit mit einem Kind zu sprechen, das staunend vor seinem Rollstuhl stehen bleibt, damit er ihm sein „Anderssein“ erklären kann.

    Schmunzel, das gehört eigentlich an die No Go Wand.


    Die Kids finden eigentlich eher den Rolli total spannend. Den Inhalt (mich) vielleicht etwas seltsam und ansonsten sind die echt locker wenn man sie lässt.


    Ich hör besser auf ... so manches in den Regeln ist richtig gruselig. :o


    LG von Manu

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

    • Offizieller Beitrag

    Manche Regeln sind wirklich zum schmunzeln. Aber der Punkt fünf und sechs sind wirklich noch aktuell. Wie oft erlebe ich es, dass Rollstuhlfahrer einfach irgendwo abgestellt werden und somit ihm die Möglichkeit genommen wird aktiv am Gespräch teilzunehmen