Was tue ich bei Leistungsablehnung durch die Krankenkasse?
von Ernst Keil
Zentrale Servicestelle der nordrheinischen Krankenkassen
im Haus der Krebsselbsthilfe Bonn
Aufgrund wiederkehrender Anfragen von Patienten mit der Bitte um Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche bei ihren Krankenkassen wurde der nachstehende Beitrag erarbeitet, damit die Betroffenen ihre Rechte kennen und nutzen können.
Was ist für Sie allgemein wichtig?
Leistungen der Krankenversicherung werden grundsätzlich auf Antrag gewährt. Dafür dient in der Regel die Vorlage der Krankenversichertenkarte vor Behandlungsbeginn bei dem Vertragspartner. Der Arzt entscheidet im Rahmen der vertragsärztlichen Behandlung eigenverantwortlich über die einzelnen von ihm für erforderlich gehaltenen Leistungen.
Eine Reihe von Leistungen wird allerdings nur auf Antrag und nach Genehmigung durch die Krankenkasse gewährt. Welche Leistungen das sind, wissen die Vertragspartner der Krankenkassen und geben den Patientinnen entsprechende Hinweise bzw. Atteste. Das betrifft zum Beispiel bestimmte Hilfs- oder Heilmittel aber auch besondere Medikamente, die beispielsweise nicht für die Behandlung in Deutschland zugelassen sind. Oder Behandlungsmethoden, die mangels eindeutiger Regelungen von einem zugelassenen Vertragsarzt nicht als Kassenleistung erbracht werden können aber als sinnvoll angesehen werden. Dafür bedarf es dann einer Entscheidung der Krankenkasse, auf die die Versicherte einen Anspruch hat. Wichtig ist, dass der Antrag auf die Leistung vor Beginn der Behandlung gestellt wird. Die Krankenkasse muss dann prüfen und entscheiden, ob sie aufgrund der medizinischen oder evtl. auch humanen Gesichtspunkte eine Leistung oder Therapie zur Verfügung stellt.
Ihr begründeter Antrag
Erster Schritt der Leistungsbeantragung ist die genaue Beschreibung der begehrten Leistung. Ihre Erwartungen in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt sind wesentlich und durch eine möglichst genaue Bezeichnung der begehrten Leistung und deren medizinisch begründete Notwendigkeit durch ein ärztliches Attest zu belegen. Dazu gehören dann weitere Unterlagen wie zum Beispiel ein Kostenvoranschlag oder frühere Atteste, die zur Begründung der Notwendigkeit der zu beantragenden Leistung dienlich sind. Die vollständige Vorlage aller wesentlichen Unterlagen ist wichtig, damit es nicht wegen fehlender Tatsachengrundlage auf Seiten der Krankenkasse zur Ablehnung und einem eventuellem nachfolgenden Widerspruchsverfahren kommen muss. Ist eine Entscheidung der Krankenkasse eilig, sollte das entsprechend vom Arzt beschrieben und von Ihnen nochmals im Antrag betont werden.
Bearbeitung durch Ihre Krankenkasse
Zuständig für die Bearbeitung ist immer die örtlich zuständige Geschäftsstelle der Krankenkasse, auch wenn manchmal so genannte Kompetenzzentren intern eingerichtet sind. Kommt es zu zeitlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung, ist evtl. die Geschäftsstelle zur zeitgerechten Entscheidung aufzufordern oder mit deren Abstimmung der Kontakt zu der für die Bearbeitung zuständigen Stelle aufzunehmen. Zu beachten ist, dass die Krankenkassen in medizinischen Fragen den dafür kassenartenübergreifend eingerichteten Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) zu Rate ziehen, was eine gewisse Zeit erfordert. Die Beurteilung durch den MDK ist grundsätzlich Grundlage der Entscheidung der Krankenkasse. Im Einzelfall verbleibt ihr aber noch ein eigener Entscheidungsspielraum, soweit sie ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln. Das betrifft zum Beispiel die Gewährung von Rehabilitationskuren oder die Übernahme der Kosten für alternative Heilmethoden. Die Ermessensausübung sollte in dem Bescheid der Krankenkasse erwähnt sein.
Was gilt bei Ablehnungen?
Ablehnungen sollten durch die Krankenkasse immer schriftlich vorgenommen werden und eine schlüssige Begründung enthalten. Evtl. ist dies zur Sicherung der eigenen Ansprüche zu fordern. Aus dem schriftlichen Bescheid müssen die wesentlichen Entscheidungsgründe erkennbar und für Sie verständlich und nachvollziehbar sein. Dazu gehört auch die für die Ablehnung wesentliche gesetzliche Vorschrift. Bei Ermessensentscheidungen muss die Begründung die Ermessenserwägungen erkennen lassen. Wird die beantragte Leistung nur zum Teil abgelehnt, ist dies wie vorstehend zu begründen.
Sie erheben Widerspruch
Erhalten Sie einen ablehnenden Bescheid, können Sie dagegen innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch einlegen. Diese Frist ist sehr wichtig, weil sonst der Bescheid rechtskräftig wird. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn in dem Bescheid nicht auf die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen ist; dann verlängert sich die Frist auf ein Jahr.
Der Widerspruch kann formlos schriftlich erhoben werden. Er sollte auf die Ablehnungsgründe eingehen und ihm sollten zur Untermauerung Atteste und evtl. sonstige noch nicht vorgelegte wesentliche Unterlagen beigefügt werden. Es besteht auch die Möglichkeit, den Widerspruch mündlich zur Niederschrift bei der Krankenkasse zu erklären. Bereits im Widerspruchsverfahren kann es ratsam sein, einen fachkundigen Rechtsanwalt einzuschalten. Hinweise für die Fachkundigkeit können Zusatzbezeichnungen wie „Fachanwalt für Sozialrecht“ oder „Fachanwalt für Medizinrecht“ sein. Die Anwaltskosten werden von der Krankenkasse übernommen, wenn Ihr Widerspruch erfolgreich und die Zuziehung eines Anwalts notwendig war.
Über den Widerspruch entscheidet in der Krankenversicherung eine unabhängige Stelle – der Widerspruchsausschuss. Dieser erlässt einen schriftlichen Bescheid. Durch diesen kann dem Widerspruch abgeholfen, teils abgeholfen oder er kann zurückgewiesen werden. Durch das Widerspruchsverfahren entstehen Ihnen keine Verfahrenskosten.
Es geht Ihnen nicht schnell genug
Sie haben ein Recht darauf, dass über Ihren Leistungsantrag unverzüglich entschieden wird. Hat Ihre Krankenkasse innerhalb von sechs Monaten nicht über Ihren Antrag entschieden, so haben Sie die Möglichkeit, vor dem Sozialgericht Untätigkeitsklage zu erheben. Für das Widerspruchsverfahren gilt eine Frist von drei Monaten, innerhalb der über den Widerspruch entschieden sein muss. Ist ohne zureichenden Grund (eine weitere notwendig gewordene Sachverhaltsaufklärung oder die Einholung eines Gutachtens ist erforderlich) der Widerspruchsbescheid in der Frist nicht erteilt, kann ebenfalls Untätigkeitsklage beim zuständigen Sozialgericht eingereicht werden.
Es kann aber durchaus sein, dass die begehrte Leistung sehr schnell erforderlich ist. Sollte trotz entsprechenden Hinweises im Antrag Ihnen die Zeit für die Entscheidung zu lang sein, können Sie bei dem für Ihren Wohnort zuständigen Sozialgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen. Zu begründen ist, dass dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig ist.
Sie können Klage erheben
Wird der Widerspruch durch den Widerspruchsausschuss der Krankenkasse ganz oder teilweise zurückgewiesen, besteht die Möglichkeit der Klage vor dem Sozialgericht. Im Bescheid wird auf diese Möglichkeit in der so genannten Rechtsbehelfsbelehrung ausdrücklich hingewiesen und auch das Gericht genau bezeichnet.