SCA 6 Diagnose bei Vater

  • Hallo zusammen,


    Mein Vater hat seit ca. 2016 die Diagnose spinozellebeläre Ataxie Typ 6. meine Oma hatte es auch und ich meine mich dunkel erinnern zu können, dass sie mal sagte, dass ihr Vater zum Schluss auch schlecht lief.

    Ich hatte zu meinem Vater nie eine wirklich starke Bindung, meine Eltern lebten seit meinem 8. Lebensjahr in Scheidung.


    Ich merke aber jedoch seit einigen Wochen, dass es mir ein innerstes Anliegen ist, mit ihm Zeit zu verbringen und ihm beim Umgang mit der Krankheit so gut es geht zu helfen.


    Mittlerweile strengt ihn das sprechen sehr an und es wird auch immer undeutlicher. Sein Gang ist so gerade noch ohne Gehilfe für ihn zu bewältigen.


    Mein Vater wohnt im Umfeld Dortmund. Er ist dort auch in Behandlung bei einem Neurologen. Allerdings wurde ich letztens etwas stutzig, als er sagte, dass er bei dem Arzt für Ergotherspie „anfragen“ musste. Der Arzt fragte dann, ob meine Oma das denn auch in Anspruch genommen hätte. Als mein Vater das bejahte lies der Arzt sich darauf ein und so wird er wohl bald Ergotherapie noch zusätzlich zu seiner Logo- und Physiotherapie verschrieben bekommen.


    Ist das normal, dass ein Neurologe erst so spät mit Verschreibungen für eine Ergotherapie wartet? Ich mache mir etwas Sorgen, ob er dort in guten Händen ist.


    Weiß jemand wie es sich bei einer SCA 6 im fortgeschrittenen Status mit einer persönlichen Assistenz verhält? Bekommt man da Hilfe in finanzieller Hinsicht? Oder ist auf lange Frist die einzige Alternative das Pflegeheim, wenn die Angehörigen nicht selbst im Stande sind die Pflege zu übernehmen.



    Zum Schluss meines ersten Beitrags möchte ich ein ganz ganz großes Dankeschön an alle beteiligen Menschen dieses Forums aussprechen. Ich habe schon einiges lesen können und vieles hat mir Mut gemacht, auch mit meinem eigenen Umgang mit der Krankheit und der Tatsache eine 50% Chance zu haben selbst an der Krankheit zu erkranken.

    Schön, dass es das Forum hier gibt!


    Liebe Grüße,

    Miklas

    • Offizieller Beitrag

    Moin Miklas,


    ich antworte Dir mal leicht verspätet und sicher nicht vollumfänglich ;) Ich habe gehofft, dass sich vielleicht einer mit SCA Erfahrung oder aus eurem Umfeld meldet. Vorweg, ich finde deinen Gedankengang sehr gut. Ich hoffe, du und dein Dad könnt euch arrangieren und die Lebenslage gemeinsam und ohne großartige Hindernisse meistern.

    Zitat

    Ist das normal, dass ein Neurologe erst so spät mit Verschreibungen für eine Ergotherapie wartet? Ich mache mir etwas Sorgen, ob er dort in guten Händen ist.

    Nun, die Frage aus der Ferne richtig zu beantworten ist schwierig, gibt ja doch einige Situationen zu bedenken. Im Grunde kann man mit Ergotherapie selten etwas falsch machen. Die Motorik in den Händen + Sitzhaltung ist ja ein wichtiges Fundament der Autonomie. Zu Bedenken ist hierbei allerdings, inwiefern man der 'Typ' für Ergotherapie ist und seine aktuelle Lage/Vermögen diesbezüglich ist.
    Da ich weder deinen Dad noch den Neurologen kenne kann ich das schlecht gewichten. Im Zweifelsfall schadet es nicht mal eine qualifizierte Zweitmeinung einzuholen.


    Weiß jemand wie es sich bei einer SCA 6 im fortgeschrittenen Status mit einer persönlichen Assistenz verhält? Bekommt man da Hilfe in finanzieller Hinsicht? Oder ist auf lange Frist die einzige Alternative das Pflegeheim, wenn die Angehörigen nicht selbst im Stande sind die Pflege zu übernehmen.

    So wie ich das sehe ist die persönliche Assitenz auf 2 Arten zu bekommen. Einmal über die Eingliederungshilfe oder über das persönliche Budget des Pflegegeldes. Die Konstellationen sind aber sehr verschieden, je nach Berufsstand, Familienstand, Versicherung und so weiter. Eine unverbindliche, aber belastbare Beratung könnt ihr euch gut bei der EUTB oder dem VdK einholen.


    Sorry für den teilweise hemdsärmlichen Rat. Was das angeht bin ich sicherlich noch kein Experte, vielleicht schiebt der ein oder andere hier noch ein Tipp nach :) Du darfst auch gern nachbohren.


    Haltet die Osterhasenohren steif!

    Umlaute sind ueberbewertet!

  • Hallo Miklas,


    leider kann ich bestätigen, dass man beim Neurologen alles selber einfordern muss. Die wenigsten Neurologen kennen sich mit der Ataxie aus. Bei meinem Vater würde auch die SCA6 festgestellt. Es fing ganz harmlos an mit Gangstörungen und Gleichgewichtsproblemen. Im Laufe der letzten 15 Jahre hat es sich leider so verschlechtert, dass die Beine und Arme unkontrolliert wackeln und er dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen ist. Eine persönliche Assistenz hat er nicht, meine Mutter oder ich sind immer bei ihm. Er bekommt Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Krankenkasse übernimmt den Transport zu den Ârzten und zur Physiotherapie/Ergotherapie und Logopädie.

    Man kann den Alltag durch geeignete Hilfsmittel erleichtern. Da haben wir uns im Sanitätshaus beraten lassen. Geholfen hat uns auch die Vorstellung in der Ataxiesprechstunde in der Uniklinik Düsseldorf (gibt es auch in der Uniklinik Essen). Der ambulante Neurologe kann dann die Empfehlungen der Uniklinik umsetzen.


    Hat dein Vater denn einen Pflegegrad? dann könnte er noch Betreuungsleistungen und Verhinderungspflege von der Pflegeversicherung bekommen. Das reicht dann nicht für eine rund um die Uhr Betreuung, aber wenn es dann vielleicht noch Verwandte oder liebe Nachbarn gibt, kann man es einigermaßen organisieren. Es gibt zwar über den Pflegedienst mittlerweile auch 24 Stunden Betreuung über ausländische Pflegekräfte. Aber da muss man auch zuzahlen und auch die Möglichkeit haben, der Pflegekraft in der Wohnung ein Zimmer/Unterkunft anzubieten.


    Es ist leider kein einfacher Weg. Zum einen sieht man wie der Vater immer hilfloser wird und man nur so wenig tun kann und zum anderen ist es ein ständiger Kampf mit den Ârzten und Behörden.


    Ich wünsche dir viel Kraft und drücke dir und deinem Vater die Daumen, dass die Krankheit nur langsam voran schreitet. Das ist ja zum Glück bei jedem anders.


    Viele Grüße,

    Lilly

  • Einfaches Erlangen von Hilfe oder Unterstützung gibt es für Betroffene von seltenen Erkranken leider kaum.

    Hilfreich war für mich immer:

    1. Ein angemessener GDB (Grad der Behinderung),
    2. Eine ordentliche Einstufung im Pflegegrad und
    3. Eine aussagefähige Diagnose von der Ataxie-Sprechstunde einer neurologischen Klinik.

    Alles erreicht man nur, wenn man einige Penetranz entwickelt.

    In diese Welt zu passen, war noch nie ein Kompliment.

    Satire zu schreiben, ist heute das Wagnis, mit der Realität zu konkurrieren.

    3 Mal editiert, zuletzt von scout ()

  • Hallo ihr Drei,


    Vielen lieben Danke für Eure Antworten!!! Es hat mir sehr geholfen eure Nachrichten zu lesen und vor allem auch gut getan, dass Menschen sich hier für einander interessieren!


    Lilly

    Soweit ich weiß hat er (noch) keinen Pflegegrad, nur einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung (weiß den Grad leider gerade nicht auswendig) nur dass er auch dabei ist einen Verschlechterungsantrag zu stellen.


    Vielen Dank für die Infos bezüglich der Assistenz/ zukünftigen Pflegesituation, da kann ich sicherlich nochmal ansetzten und weiter recherchieren!

    Ich wünsche euch einen schönen Resttag und sage mal bis bald im Forum!