Kinderwunsch

  • Hallo zusammen,

    Momentan schwirren mir wieder oft und viel Gedanken durch denk Kopf, ob ich mich nicht doch auf die Krankheit meines Vaters, meiner Oma etc. testen lassen sollte. Es handelt sich in meiner Familie um die SCA 6.


    Eigentlich habe ich Angst davor mich genetisch untersuchen zu lassen, ich möchte (noch) nicht wissen, ob ich im Laufe meines Lebens eine Ataxie entwickeln werde. Wenn der Zeitpunkt kommen sollte, dass die Symptome deutlich da sind, dann kann ich mich immer noch testen lassen und dann ist es auch ok und gut. Nur denke ich momentan so, dass es für meine Psyche und meine Zukunft allgemein nicht förderlich wäre mich testen zu lassen.


    Allerdings ist da noch etwas, bei dem ich auch über die genetische Untersuchung nachdenke. Meine Partnerin und ich haben den Wunsch Kinder zu bekommen, nicht heute, nicht morgen sondern wir sprachen darüber einfach allgemein und sind mit dem Plan überein, dass wir in der Zukunft gerne zusammen Kinder bekommen würden. Sie kennt die Diagnose meines Vaters und weiß auch wie sich der Erbgang verhält, dass ich es sehr wahrscheinlich bekommen kann und somit es auch an meine Kinder weitergeben kann. Sie ist damit ok, dass ich mich nicht testen lasse und wir trotzdem den Plan des Eltern Werdens irgendwann in die Tat umsetzen. Das macht mich sehr glücklich, dass sie da so offen ist und auch ein Stück weit sorglos. Sie sagt eben, dass es kein Argument sei, aufgrund solch einer Erbkrankheit keine Kinder zu bekommen, wenn es höchstwahrscheinlich in 30-40 Jahren eine Methode geben wird, mir der die Krankheit positiv beeinflusst werden kann. Dies wird dann ungefähr der Zeitraum sein, wenn unserer Kinder in das Alter kommen könnten, sich mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen. Soweit unser Gedankengang dazu...


    Denkt ihr es wäre unverantwortlich heutzutage, sich nicht auf eine Ataxie testen zu lassen und trotzdem Kinder zu bekommen? Ist das egoistisch oder sind hier Menschen im Forum, die sich auch damals gegen eine Untersuchung entschieden haben und sich dadurch nicht haben beeinflussen lassen?

    Ich bin dankbar für jeden Gedankenaustausch.

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende an Alle!

  • Hallo Miklas,

    über dies Problem lese ich hier längst nicht das erste Mal und die Gründe kann ich gut verstehen.

    Eine Lösung wäre sich testen zu lassen. Bei Vererbungsgefahr können der zukünftigen Mutter einige Eizellen entnommen werden. Aus denen wird eine Zelle ausgesucht, die eine Vererbung ausschließt. Die wird künstlich befruchtet und ausgetragen. Wie sympathisch einem dieser Weg ist, muss er selbst entscheiden. Bei der Uniklinik Lübeck bekommt ihr sicher eingehende Informationen.

    LG Reiner

    In diese Welt zu passen, war noch nie ein Kompliment.

    Satire zu schreiben, ist heute das Wagnis, mit der Realität zu konkurrieren.

  • mh, ich bin mit dem Argument unten sehr zwiegespalten:

    Sie sagt eben, dass es kein Argument sei, aufgrund solch einer Erbkrankheit keine Kinder zu bekommen, wenn es höchstwahrscheinlich in 30-40 Jahren eine Methode geben wird, mir der die Krankheit positiv beeinflusst werden kann. Dies wird dann ungefähr der Zeitraum sein, wenn unserer Kinder in das Alter kommen könnten, sich mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen.

    Theoretisch müssen sich die (dann erwachsenen) Kinder damit auseinander setzen. Wäre das wirklich den Kindern gegenüber fair, wenn man es im Vorfeld hätte wissen können?


    Du haderst jetzt selber mit dem Test, was ich mehr als verstehen kann. Nur wie wird es, wenn die Kinder da sind und auf einmal die ersten Symptome bei Dir auftreten könnten?


    Können wir wirklich sicher sein, dass es in 30 - 40 Jahren Methoden zur Heilung bzw. positiven Beeinflussung geben könnte?


    Ich stell die Fragen einfach in den Raum, letztendlich bleibt alles eure persönlichste Entscheidung die dann keiner in Frage stellen darf. Aber ich glaube, dass es da schon Vorbehalte geben wird mit denen ihr auch klarkommen müßt.


    Vielleicht, wenn der Zeitpunkt für eigene Kinder kommt, willst Du selber Gewissheit. :)

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

  • wenn ich von meiner sca1 gewußt hätte, hätte ich keine kinder in die welt gesetzt. ich mache mir solche gedanken, dass mein sohn krank wird.

    das belastet mich fast mehr, als meine abhängigkeit wegen der sca1.

  • "Können wir wirklich sicher sein, dass es in 30 - 40 Jahren Methoden zur Heilung bzw. positiven Beeinflussung geben könnte?"

    Ich befürchte, dass man sich darauf nicht verlassen kann. :(


    Liebe Grüße von Maria

    Die wahren Lebenskünstler sind bereits glücklich, wenn sie nicht unglücklich sind

    (Jean Anouilh)




  • Hallo zusammen,


    Vielen lieben Dank für Eure Antworten.

    scout Das Vorhaben, dass du beschreibst, klingt irgendwie interessant aber eben auch nach einem Eingriff, bei dem es sich sicherlich gebietet auch ethische Fragen zu stellen. Danke auch für den Hinweis an welche Klinik man/frau sich wenden kann.


    streunerin Sicherlich ist das eine Frage, die wie ich finde sehr schwierig zu beantworten ist. In meiner Familie haben wir mal darüber gesprochen, was wäre gewesen wenn meine Eltern über die Erbkrankheit auf Seiten der Familie meines Vaters gewusst hätten, ob sie dann auch Kinder bekommen hätten. Dort sind Sachen gesagt worden, die mich auch mitunter traurig gemacht haben. Deshalb bin ich froh, dass meine Eltern zur Zeit des Kinderkriegens nicht gewusst haben, dass es sich um eine Erbkrankheit handelt bzw. Die Kommunikation innerhalb der Familie einfach schlecht war. Denn hätten Sie es gewusst, dann wären meine Geschwister und ich nicht hier und ich bin so froh dieses Leben leben zu dürfen, auch dann bin ich froh, wenn ich weiß, dass ich krank werden könnte. Auch wenn ich das aus meiner (noch) gesunden Perspektive sage. Ich möchte niemandem absprechen, dass ein Leben mit einer Ataxie ein Leben ist, welches durch unterschiedlich große Herausforderungen geprägt sein kann. Hier spielen sicherlich auch die unterschiedlichen Typen der Ataxien eine Rolle. Vielleicht werd ich darüber anders denken, sollte ich tatsächlich eine Ataxie entwickeln und dann eben am eigenen Leibe spüren wie es ist krank zu sein.


    Schlussendlich denke ich ein Stück weit, dass wir nicht den Weg einschlagen sollten krankes Leben um jeden Preis zu verhindern, sondern Krankheit sollte so behandelbar sein, dass ein Leben auch mit Krankheit ein lebenswertes sein kann. Auch dass sage ich aus meiner gesunden Perspektive und möchte wirklich niemanden auf die Fuße treten, der eine Krankheit hat wo vielleicht die Perspektive es nicht erlaubt von Dingen wie lebenswertem Zustand zu sprechen. Ich bin davon überzeugt, dass die Medizin sich so weiterentwickeln wird, dass auch für seltene Erkrankungen bessere Therapiemöglichkeiten in Zukunft geschaffen werden können. Dieses Forum sowie die DHAG trägt auch seinen Teil dazu bei die Medizin in diesem Vorhaben zu unterstützen.


    Hugoline Ich kann deine Sorgen gut verstehen, sowie auch deine Entscheidung, wenn du es gewusst hättest kein Kind zu bekommen. Ich wünsch Dir Alles Gute!


    Die Chance, dass dein Sohn nicht erkrankt ist eine reale Chance an die es sich lohnt zu glauben.

  • Eine Lösung wäre sich testen zu lassen. Bei Vererbungsgefahr können der zukünftigen Mutter einige Eizellen entnommen werden. Aus denen wird eine Zelle ausgesucht, die eine Vererbung ausschließt. Die wird künstlich befruchtet und ausgetragen. Wie sympathisch einem dieser Weg ist, muss er selbst entscheiden. Bei der Uniklinik Lübeck bekommt ihr sicher eingehende Informationen.

    LG Reiner

    Glück auf

    Du sprichst hier von der Präimplantationsdiagnostik.

    Ich sehe da zwei Probleme.

    Zum einen bringt eine Entnahme einer Eizelle und deren Untersuchung nichts da die Partnerin von Miklas gesund ist. Wenn dann müsste die Eizelle schon befruchtet sein (vielleicht kam das in Deinem Text einfach schlecht rüber)

    Zum anderen ist die PID bei uns zwar Prinzipiell erlaubt, aber die Erlaubnis so schwammig formuliert das die Hürden dafür sehr hochliegen. Oder kann irgendjemand von uns "schwerwiegende Erbkrankheit" genau definieren.

    Es wird bei uns eben alles sehr schwammig formuliert weil keiner sich traut sich konkret festzulegen.

    Die eventuellen Kosten sind bestimmt auch nicht ohne.

    Voraussetzung ist natürlich ein genetischer Test von Miklas und am besten auch seiner Partnerin

    per aspera ad astra

  • Maria kürzlich besuchte ich online einen Vortag einer bekannten Neurowissenschaftlerin, die neue Erkenntnisse bezüglich einiger Ataxieformen vortrug.


    Nach dem Termin hatte ich noch einige Rückfragen via Mail unter anderem fragte ich auch nach ihrer Einschätzung bezüglich einer besseren Therapie Chance in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten. Sie sagte dann, dass gerade auch neue Forschungsansätze neue Möglichkeiten von verbesserten Therapieformen hervorbringen könnten. Und der Blick in die Zukunft durchaus mit Optimismus betrachten werden kann. Sicherlich muss man/frau hier auch beachten, dass Forschung scheitern kann. Ich denke aber auch, dass wenn Forschung vermeintlich scheitert, daraus positive Dinge gewonnen werden können, um an anderer Stelle neu anzusetzen.

  • Maria kürzlich besuchte ich online einen Vortag einer bekannten Neurowissenschaftlerin, die neue Erkenntnisse bezüglich einiger Ataxieformen vortrug.


    Nach dem Termin hatte ich noch einige Rückfragen via Mail unter anderem fragte ich auch nach ihrer Einschätzung bezüglich einer besseren Therapie Chance in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten. Sie sagte dann, dass gerade auch neue Forschungsansätze neue Möglichkeiten von verbesserten Therapieformen hervorbringen könnten. Und der Blick in die Zukunft durchaus mit Optimismus betrachten werden kann. Sicherlich muss man/frau hier auch beachten, dass Forschung scheitern kann. Ich denke aber auch, dass wenn Forschung vermeintlich scheitert, daraus positive Dinge gewonnen werden können, um an anderer Stelle neu anzusetzen.

    Glück auf

    Da bin ich mehr als skeptisch.

    Das in den nächsten Jahren alles besser wird haben die Wissenschaftler schon gesagt als ich begann mich mit Ataxien zu beschäftigen, und wie soll eine Therapie denn aussehen?

    Letzlich wird doch nur an den Symptomen rumgedoktort.

    Um genetische Ataxien zu heilen müssten nun mal die Gene verändert werden, und (entgegen anderer Meldungen) geht das mit Tabletten oder einer Impfung nicht.

    per aspera ad astra

  • Vogt Ich glaub ich kann deine Skepsis verstehen. Aber dennoch orientiere ich mich lieber an dem Optimismus einiger Expert*innen als dass ich mich meiner Skepsis zu sehr hingebe. Damit geht es mir deutlich besser.


    vielleicht ändert sich das noch mit dem älter werden aber das werd ich dann sehen wenn’s soweit ist.

    Niemand kann glaub ich medizinisch prophezeien, dass alles besser wird. Mehr sollte man/frau daran denken, dass es kleine und viele Schritte benötigt um Verbesserung herbeizuführen. Wie genau das dann aussehen soll kann ich dir auch nicht sagen, dafür muss ich wohl noch etwas mehr lesen bzw. Einfach auch abwarten was sich aus der Forschung ergibt.

  • Vogt Ich glaub ich kann deine Skepsis verstehen.

    Das hat mit Skepsis wenig zu tun, eher mit Realismus.

    Wir haben nun mal diese Krankheit und werden damit leben müssen.

    Wir werden sie nicht mehr los.

    Trotzdem oder gerade deswegen müssen wir kämpfen und das unmögliche anpeilen um so vielweicht das doppelte als erwartet zu erreichen

    per aspera ad astra

  • miklas

    real ist bei mir, dass meine krankheit (verbunden mit starker ataxie) unerforscht ist.


    ich lebe seit über 30 jahren damit und kann nur das beste daraus machen.

    eigenen kindern würde ich nicht zumuten auf erkenntnisse von wissenschaft bzw. forschung zu hoffen und wie ich im :Rollstuhl: eines tages zu landen.

    Schöne Grüße, Lori :)






    • Offizieller Beitrag

    Moin Miklas,


    schwierige und schwere Frage. Eine Sache, die mir beim lesen aufgefallen ist, warum haderst du so dich testen zu lassen? Verstehe mich bitte nicht falsch, aber dein vermittelter Optimismus leidet darunter. Wenn man lt. deiner Ansicht (in der dir bekannten Auspraegung) damit gut leben kann, oder die Therapieansaetze bald so gut werden, dann solltest du davon doch nicht zurueckschecken?


    Irgendwas widerspricht sich hier.

    Prinzipiell erlaube ich mir hier aber keine Meinung zu aeussern...


    Das hat mit Skepsis wenig zu tun, eher mit Realismus.

    Das sehe ich ein gutes Stueck genauso. An den Kern der erblichen Ataxien kommt man halt schlecht. Denn der sitzt im Grunde in jeder Zelle des Koerpers. Wenn dann nur mit Gentherapien, Genschere, usw.. Selbst wenn die "bald" machbar sind (ich habe dazu schon Dokus aus den 90ern gesehen, die das "bald" versprochen haben), wird sie die Gesellschaft noch einige Zeit gegen eine ethische Anerkennung weigern. Das ist in meinen Augen auch richtig.
    Die restlichen Therapien sind bis auf einige Ausnahmen nur an die Symptome angelegt. Bei FA ist z.B. das Idebenone oder Omav als "ursaechliche" Medikation einzuordnen. Schaut man sich da die Wirkweisen an, sieht man auch wie schwer man an die Krankheiten rankommt (z.B. Blut-Hirn-Schranke).


    Viele Gruesse zum Samstag

    Umlaute sind ueberbewertet!

  • Maria kürzlich besuchte ich online einen Vortag einer bekannten Neurowissenschaftlerin, die neue Erkenntnisse bezüglich einiger Ataxieformen vortrug.

    Sorry, aber im Grunde scheint (in meinen Augen) Deine Entscheidung schon festzustehen. Ich möchte darüber nicht weiter darüber diskutieren.

    Liebe Grüße von Maria

    Die wahren Lebenskünstler sind bereits glücklich, wenn sie nicht unglücklich sind

    (Jean Anouilh)




  • Die Diskussion darüber ist megawichtig, zumal die vielfältigen Gedanken dazu auch immer ein gesellschaftlicher "Spiegel" sind.


    Man darf auch nicht vergessen, das sich die Einstellung von und zu Menschen mit Behinderungen auch mit jedem Jahrzehnt wandelt.


    Ich als 1969 geborene habe von den heutigen Möglichkeiten nur träumen können. Die Ataxieerkrankung hat sich bei mir schon früh manfestiert und ich habe knapp 40 Jahre auf die genetisch gesicherte Diagnose warten müssen.


    War man "damals" auf der Welt, hieß es, Zähne zusammen beißen und kämpfen. Ganz besonders gegen Vorbehalte der 39 bis 45 Generation, klar, aber auch ich bin nicht ganz ungeprägt davon und was zu mir alles offen gesagt wurde im Familienkreis. Das macht mir heute noch Angst.


    Kinder habe ich ganz bewußt keine, aber das war bei mir, ohne familiäre Unterstützung und Zusammenhalt auch die bessere Option. Ich wäre bereits mit 30 kaum noch in der Lage gewesen für ein Kind zu sorgen.


    Aber das galt halt für mich. Heute würde ich bei meiner gesicherten genetischen Diagnose erst recht so denken. Und nun bin ich im moralischen Dilemma oder vielleicht auch wieder nicht.


    Weil ich ganz genau weiß wie sich mein Leben mit einer Erkrankung gestaltet hat und wie es dann für das Kind aussehen würde. Auch wenn ich auf meine Art mittlerweile das beste draus mache, aber mir wäre ein Leben ohne auffällige Bewegungsstörungen doch lieber. Merkt man aber erst, wenn man damit leben muß.


    Ihr habt eigentlich richtig gute Karten. Ihr wisst, was vielleicht kommen könnte. Und die heutige Möglichkeit sich noch vor der Familienerweiterung selber testen zu lassen, würde wohl für alle Beteiligten ein großes Gespenst vertreiben ...


    Das sind alles nur Gedanken einer alten Häsin, aus dem letzten Jahrhundert ;)

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

  • majofrajo

    Hat das Thema in den Papierkorb verschoben.