Lebensplanung und Lebenssinn

  • Hallo, ich bin 33 und habe FA, die Anfang 20 begann. In dem Alter hat man ja noch teils normbesetzte Lebenswünsche wie Karriere, Frau, Kinder, Haus... Nun sind durch meine Krankheit viele Wünsche unreal. bis unmöglich geworden. Neue Ziele zu def. und einen Lebenssinn zu ergründen sind mit Sicherheit nicht nur meine täglichen Aufgaben. Ich sehe mehr auf der beziehungsebene zu Anderen meine Aufgabe als auf der Leistungsebene. Und was gehört zum Lebensglück, nur eine Aufreihung von Job, Liebe, Sex, Freunde usw.? Im Grunde bin ich ein unglückl. Mensch, und das liegt nicht nur an der Ataxie. Was sagt ihr dazu? :)

  • Zitat von Prinz William

    Hallo, ich bin 33 und habe FA, die Anfang 20 begann. In dem Alter hat man ja noch teils normbesetzte Lebenswünsche wie Karriere, Frau, Kinder, Haus... Nun sind durch meine Krankheit viele Wünsche unreal. bis unmöglich geworden. Neue Ziele zu def. und einen Lebenssinn zu ergründen sind mit Sicherheit nicht nur meine täglichen Aufgaben. Ich sehe mehr auf der beziehungsebene zu Anderen meine Aufgabe als auf der Leistungsebene. Und was gehört zum Lebensglück, nur eine Aufreihung von Job, Liebe, Sex, Freunde usw.? Im Grunde bin ich ein unglückl. Mensch, und das liegt nicht nur an der Ataxie. Was sagt ihr dazu? :)


    Zunächst einmal finde ich es einen richtigen und mutigen Schritt, dass Du Dich öffnest. Klar ist die Suche nach Lebensinhalten, die sinngebend sind nicht nur Deine "Aufgabe", gleichwohl hast Du durch FA sicher Schwierigkeiten, die andere Menschen nicht haben.
    Jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen, aber manchmal werden die Päckchen auch zu Paketen. Ausserdem sind imho die individuellen Lebensweltbezüge in ihrer subjektiven Wahrnehmung nicht gegeneinander aufrechenbar. Ich finde es sehr symphathisch, dass Du die Leistungsebene eher kritisch hinterfragst.
    Für mich ist es schon wichtig, dass meine sozialen Kontakte mich auch ein Stück im Leben tragen, ähnlich einem Netz, das mich auffängt - ich bin sicher auch im Leben meiner Freunde eine Masche ihres Netzes. Freunde sind aus meiner Sicht etwas absolut Wichtiges. Und die Liebe?..Glaube , Liebe , Hoffnung..aber der Wunder Grösstes ist die Liebe. Selbst Jesus stellte die Liebe als etwas Zentrales heraus. Sich geliebt fühlen, Liebe zu geben und zu spüren, dass sie angenommen wird - für mich die Quelle des Lebenssinns.
    Und Sex?...oder meintest Du Sexualität? Viele Menschen leben auch ohne Sex, aber Sexualität ist doch viel komplexer. Liebe findet in Sexualität oft ihren Ausdruck. Schon kleine Kinder, Neugeborene brauchen Sexualität, Nähe, Wärme , Geborgenheit, Körperkontakt - dies alles hat eine unmittelbare Auswirkung auf das psychische Wohlbefinden. Die Fachliteratur füllt Regalwände zum Thema "psychosexuelle Entwicklung des Menschen"
    Ich finde nicht, dass Du da etwas "aufreihst", sondern Du bennenst urmenschliche Bedürfnisse, unabhängig von Erkrankungen. Ich wünsche Dir, dass Du auf Deinem Weg Menschen begegnest, die Dir das Vertrauen geben, dass es sich lohnt, am Leben teilzuhaben, die Dir Freude und Liebe schenken.


    Wüste
    Ephraim Kishon


    Der Mensch bringt sogar die Wüsten zum Blühen. Die einzige Wüste, die ihm noch Widerstand bietet, befindet sich in seinem Kopf.

  • Ich bin ja im Vergleich zu dir eher ein alter Mann und auch in einer ganz anderen Lebenssituation, trotzdem gibt es ein paar Dinge, von denen ich glaube, dass sie immer gelten.


    Finde zu dir selbst und sei du selbst.
    Akzeptiere dich wie du bist.
    Versuche nicht zu sein wie ... sei du selbst.


    Das Leben ist voller Zufälle, man kann manches planen aber alles was die Liebe betrifft, was persönliche Beziehungen angeht, da leidet die Erfolgsaussicht eher unter einer Planung


    Das Wichtigste: Gib dem Leben eine Chance. Geh raus, geh unter Menschen, Habe keine Hemmungen wegen deiner Behinderung. Wenn du offen mit deinen Problemen umgehst machst du es auch den anderen leichter.


    Ich sehe selber, dass dir das alles nicht unmittelbar weiterhilft. Aber dir weiterhelfen, das kann ausser dir wohl niemand. Freunde und Familie können dich unterstützen, aber sie können nichts an deiner Stelle tun.


    Sinnfindung, dass ist nicht der Versuch die Welt zu retten, sondern etwas zu tun, dass einen selbst zufrieden macht. Das kann alles sein, von sozialer Arbeit auch Sport bis zum Schreiben eines Buches. Wichtig ist, dass man sich selbst darin wiederfindet.
    Job, Liebe, Sex, Freunde – als Aufreihung sind sie nichts wert, als Ziele taugen sie nicht, aber als Bestandteil des Lebens sind sie wichtig. In unterschiedlicher Gewichtung, bei jedem anders.


    Die Beziehungsebene ist meines Erachtens schwerer, anstrengender als die "Leistungsebene" sie ist aber auch für das Glück wichtiger.
    Normbesetzte Lebenswünsche sind nicht die eigenen, sie taugen zur gesellschaftlichen Orientierung, aber nicht um glücklich zu werden.


    Meine Erfahrung sagt, dass wer seine Gefühle zeigt, wer sich nicht schämt für das was und wer er ist, wer zu sich selbst steht, hat mehr Autorität und Autentizität und Realitätsnähe, ist attraktiver als der coole Macho mit einem falschen 007 Gehabe oder der angepasste, gesichtslose Karrieremensch.