Sprechstunde in Tübingen

  • Hallo zusammen,


    ich überlege, ob ich den weiten Weg nach Tübingen aufnehmen sollte, um dort zur Spezialsprechstunde zu gehen. Ich habe gehört, dass die dort besonders gut sein sollen und einen individuellen Therapieplan für die Patienten entwickeln. War jemand schonmal dort und kann mir von seinen Erfahrungen berichten? Wurde tatsächlich individuell auf euch eingegangen und ein individueller Therapieplan entwickelt? Oder wurden eher allgemeine Hinweise gegeben? Hat das Ergebnis der Sprechstunde eure Therapie oder euer Verhalten verändert? Wie lange hat die Sprechstunde gedauert?


    Vielen Dank und liebe Grüße
    Lena

  • Hallo Lena


    Zu Tübingen kann ich leider keine Erfahrung geben. Aber ein Termin in den Spezialambulanzen lohnt sich durchaus.


    Falls es noch keine durch einen Gentest gesicherte Diagnose ist, könnte die von dort gezielt eingeleitet werden.


    Auch ist die Untersuchung um einiges umfangreicher um eine Optimierung von Therapien herauszufinden.


    Die Arztbriefe der Spezialambulanzen sind dann sehr hilfreich für den behandelnden Neuro und/oder Hausarzt oder weiteren Ärzten um Therapien dann auch verschreiben zu können. Gilt auch für Medikamente.


    Und, man kommt auch besser in laufende Studien rein.


    LG von Manu

  • Hallo Lena,



    Ich war gerade letzte Woche zum zweiten Mal dort, und ich kann dir den Gang nach Tübingen auf jeden Fall empfehlen.



    Bei mir war es so, dass sie eine ausführliche Diagnostik (inkl. genetischer Blutuntersuchung) und den standardisierten Ataxie-Test ("SARA", ist wichtig für die Einschätzung der Schwere der Ataxie, und mit der Zeit entsteht auch ein Bild des Krankheitsverlaufs) gemacht haben und sich für das Gespräch viel Zeit genommen haben. Generell hatte ich den Eindruck, dass sehr sorgsam und gründlich vorgegangen wurde, die Untersuchung dauerte insgesamt fast 2 Stunden.



    Es wurde sehr individuell auf mich und meine Lebensumstände eingegangen, einschließlich Tips, wie ich meinen Alltag besser bewältigen könnte, sowohl medizinisch als auch eher lebenspraktisch. Ein individueller Therapieplan wurde nicht erstellt, war aber bei mir auch gar nicht nötig - Physio, Logo und eigenständiges Training mache sowieso, und mehr gibt es nicht... Im Untersuchungsbericht standen aber konkrete Therapie- und Medikationsempfehlungen für die behandelnden Ärzte hier vor Ort (Karlsruhe).



    Ich war vor allem deshalb ganz angetan, weil so eine Ataxie für den Hausarzt und den Neurologen am Wohnort ja meist etwas sehr exotisches ist, und die in Tübingen haben ständig mit solchen Krankheitsbildern zu tun und sind natürlich auch sehr kompetent, wenn es etwa um sowas wie die aktuelle Forschungslage geht. Dementsprechend kann man auch mit den Leuten da sehr gut reden, weil die die Symptome und Komplikationen - auch die selteneren - in- und auswendig kennen.



    Unterm Strich hat sich für mich persönlich der Ritt nach Tübingen auf jeden Fall subjektiv gelohnt, weil das mit Abstand die beste und kompetenteste Beratung ist, die man kriegen kann. Und ein individueller Therapieplan ist sicher auch möglich, wenn du danach fragst.


    - Thomas

  • Hallöchen


    nachdem sich nun jahrelang gar nichts mehr bewegt hat, habe ich meine Unterlagen über den Hausarzt nach Tübingen geschickt.
    Und siehe da, zwei Wochen später klingelt mein Telefon und tata, ich habe einen Termin im Juni.


    Ich habe noch keine Ahnung wie ich das alles manage, aber hols der Teufel, ich will da hin!


    Garantien dass dabei was rum kommt gibt es nicht, aber bevor ich den Korn ins Feld schmeiße, und hinter den fahrenden Zug springe mache ich mich lieber auf den Weg :Aggressiv::Hihi: Ich könnte ausflippen, so purzeln gerade die Gefühle durcheinander.

  • Gut das ich keinen Alkohol trinken kann, ich glaube, ich würde mir ein über den anderen Tag die Hucke vollsaufen. So viel zum Korn :Goldfischglas:

  • Hallöchen


    Gestern war ich zum Termin in Tübingen.
    Die Tage davor sank meine Stimmung in den Keller. Die lange Taxifahrt, was ist, wenn der Fahrer doof ist? Was, wenn Tübingen ein Reinfall wie Bonn wird? Pack ich diese Ochsentour überhaupt?


    Der Chef des Taxiunternehmens kam persönlich mit einem Fahrzeug mit Sonderrechten (Organ, Blut und Gewebetransporte) Mit Handschlag und einem schönen guten Morgen ging es los. Die Fahrt war bis auf ein paar kleinere Staus angenehm.


    Dort angekommen (der Fahrer kennt die Klinik dort aus dem FF) fuhren wir gleich dort rein, wo die Krankenwägen stehen, schwupp di wupp schob er mich zur Anmeldung der Neuro. Schieben mag ich zwar sonst nicht so, aber da er sich auskannte, waren wir so schneller am Ziel.


    Nach der Anmeldung suchte er sich ein gemütliches Plätzchen und ich schickte eine Nachricht an mein Date, das ich vor Ort bin. ( ein netter Parki, den ich auf einem Parkinsonsymposium voriges Jahr kennen lernte). Der junge Mann interessiert sich sehr für Genetik und nachdem wir uns die Wartezeit über unterhalten hatten, fragte ich ihn einfach, ob er mit rein mitgehen möchte. Den sprachlichen Teil war er dann komplett dabei und durfte auch Fragen stellen (Anmerkungen machen auch).


    Das war eine schöne Erfahrung und es war einfach interessant.


    Die Ärztin war sehr nett, fragte und untersuchte gründlich und erklärte noch gründlicher. Da gibts nix zu meckern ;)
    Auf dem Flur lief mir dann bei der Videoaufzeichnung des Gangbildes der gute Schölls über den Weg. Netter Mensch!


    Es wurden unmengen an Blut abgezapft und es wird nochmal einen ordentlichen Rundumschlag bei der Suche geben.
    Nun heißt es warten, aber das kann ich nach 14 Jahren ohne Diagnose ja ganz gut.


    Also alles in allem ein guter Tag! Das einzige was störte war, dass ich nach dem ganzen Vorturnen und dem langen Sitzen während der Fahrt Abends heftige Muskelkrämpfe hatte. Aber - shit happens, das legt sich auch wieder.

    • Offizieller Beitrag

    Schön, dass du die doch sehr nervenaufreibende Untersuchung samt An- und Abreise jetzt geschafft hast.


    Ich bin auch immer wieder dafür sich nicht allein in solche Untersuchungen zu begeben.


    In derartigen Ausnahmesituationen ist es viel wert, jemanden zu haben, der mithört und einem zur Seite steht.

    Humpty Dumpty sat on a wall, Humpty Dumpty had a great fall.
    All the King's horses and all the King's men, couldn't put Humpty together again.

  • Danke ihr Beiden :Blumen:


    Das mit dem jungen Mann ergab sich eher zufällig. Er ist Matheprofessor in Tübingen und sein Arbeitsplatz ist 5 Minuten von der Uniklinik. Da er gerade keine Vorlesungen geben musste, passte es zeitlich gut. Sein Interesse an Genetik kam gerade thematisch passend dazu. Sonst wäre ich auch alleine rein, bin ja ein großes Mädchen :Hihi:


    Wenn mir jetzt nur noch einfallen würde, wir der Begriff der Suchmethode war, die sie einsetzen bevor die Gensequenzierung gemacht wird, wenn bei Suche Nummer 1 nichts passendes gefunden wird... aber da werde ich wohl den jungen Herrn fragen, der weiß sicher noch, wie das heißt ;)

  • Meinst Du: Gen Panel Diagnostik? (Wenn man weiß, es könnte relativ sicher eine HSP oder Ataxie sein, aber man weiß nicht welche) ...


    Und es gibt auch eine: Multi Gen Panel Diagnostik ... (Wenn man weiß, es könnte eigentlich Alles sein, aber man weiß nicht was genau)


    Man ... mich hat das echt beeindruckt was damit alles gefunden werden könnte. Ok, kann aber auch den größten Bammel auslösen, aber dann ist endlich Ruhe, egal was die finden.


    Aber Du solltest keinen Juwelenraub mehr planen.


    Deine DNA ist dann bekannt ... :D

  • Mist aber auch, ich wollte noch einen großen Beutezug machen, nun fällt das auch flach :Depressiv::Hihi:


    Das Wort, das ich suchte ist Exom, ein Schritt vor der kompletten Gensequenzierung.


    Wiki sagt dazu
    Als Exom bezeichnet man in der Genetik die Gesamtheit der Exons eines Organismus, also alle Abschnitte, die potenziell Proteine codieren. Das Exom ist nicht abbildbar auf das Transkriptom, da einerseits nicht alle potenziell proteincodierenden Gene auch tatsächlich aktiv sind, andererseits ein Gen zu mehreren verschiedenen RNA-Vorlagen verarbeitet werden kann (Spleißvarianten).
    In der medizinischen Diagnostik erweist es sich als sinnvoll, anstatt des gesamten Genoms nur das Exom zu sequenzieren, da dort nahezu alle krankheitsverursachenden Mutationen zu finden sind, das menschliche Exom aber nur ein Prozent des Genoms ausmacht.


    Wie geschrieben, erst wenn diese Suchmethode nichts brauchbares ergibt, wird eine komplette Gensequenzierung angegangen. Es bleibt also spannend!
    Der gute Martin wusste natürlich, wie das Dingens heißt, dass mir partout nicht mehr einfallen wollte ;)

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