Diskriminierung

  • Hallo alle zusammen,

    hattet ihr schon mal in der Öffentlichkeit in Problem mit Diskriminierung und wie geht ihr damit um?

    Am Wochenende haben mich ein paar Jugendliche als besoffenen Sack beschimpft, nur weil ich mich beim Einkaufen am Wagen festgehalten habe und durch den Markt geschwankt bin.
    Mir ist dann die Hutschnur geplatzt und ich habe sie meinerseits als alles mögliche beschimpft, worauf sie mit hochrotem Kopf den Markt verlassen haben.
    Das war vielleicht ein Aufsehen wie ich sie ziemlih laut angeschnauzt habe:D.

    Obwohl ich warlich kein Kind von Traurigkeit bin und mir der Vorfall eigentlich ziemlich am Ar... vorbei geht, hat es mich doch irgenwie nachdenklich gemacht ob soviel ignoranz.:confused:

    ich grüße euch alle
    Jens

    per aspera ad astra

  • Genau aus diesem Grund meide ich die Öffentlichkeit (was viele nicht nachvollziehen können).......mit dem Auto unterwegs sein ist ok. für mich.....aber mehr nicht........von Jugendlichen ist man ja eh nichts anderes gewöhnt, schlimmer finde ich Erwachsene die auch so reagieren..


    MfG
    Lutz

  • Ich hätte da ein PRO für Jugendliche:
    Mein Mann schwankte neulich ebenso durch den Supermarkt, ein Paar Schritte vor mir. Einige Erwachsene gafften ihn ziemlich ungeniert an und hinterher. Dann ne Truppe Jugendlicher .... ich dachte auch: "oh man" .... aber ... "Passen Sie auf die Leiste unten am Regal auf, da kann man leicht stürtzen!"
    Es gibt aber immer so `ne und solche.
    Gruß
    Katrin

  • Ja, dieses Gefühl kenne ich sehr gut, aber hier möchte ich betonen, dass es immer Erwachsene waren, die sichderart benommen haben.


    Zweimal haben sie mir auch die Polizei hinterhergeschickt, das kann dann schon äußerst unangenehm ausgehen.


    Da ich mittlerweile aber so sehr wackele, dass ich meist mit Stock oder Rollator unterwegs bin, ist mir das schon lange nicht mehr pssiert.


    Eine nette Begegnung hatte ich dieses Jahr, als ich anläßlich meiner Reha in Damp, die Kieler Woche besuchte (mit Rollator!):
    Ein offensichtlich Betrunkener (er hatte am frühen Nachmittag eine Schnapsflasche in der Hand!) sagte lallend zu mir:"Nur Mut, das wird schon wieder!"


    In diesem Sinne wünsche ich euch allen ein wunderschöhnes Wochenende!
    Laßt euch nicht unterkriegen von den Armen im Geiste, ob nun jung oder alt!

    Glück hängt nicht davon ab,
    wer du bist oder was du hast,
    es hängt nur davon ab, was du denkst.

  • Hallo Schwankheimer

    also nicht das ich jetzt falsch verstanden werde.
    Ich hab mit Sicherheit keine, irgendwie gearteten, Vorurteile gegen Jugendliche. Ich habe von ihnen (aber auch mit Erwachsenen) bisher nur gute Feedbacks erhalten. Es sind mehr Menschen verständnissvoll und hilfsbereit als man denkt (am meisten die von denen es man wenigstens erwartet).
    Das es sich hierbei um Jugendliche gehandelt hat sollte man auf keinen Fall verallgemeinern.
    Ich könnte dutzende Fälle aufzählen in denen mir von den verschiedensten Menschen geholfen wurde. Sei es beim aus- oder einladen des Rolli`s , beim Überwinden einer Stufe o.ä.

    Es war bisher überhauot das erste mal wo ich dumm angemacht wurde.
    Meine Frage ging auch mehr dahin, wie man sich gegenüber solchen Leuten verhält. Ignoriert man sie, klärt man sie auf oder schnauzt sie an.

    schönes Wochende
    wünscht Jens

    per aspera ad astra

  • Hallo Jens,


    ja mit ignorieren bin ich eigentlich mmer am besten gefahren, aber du hast schon Recht, manchmal ärgert man sich so darüber blöd angemacht zu werden, dass man zurückschnauzt.
    Aufklären hilft nur ganz selten, zumindest Leute auf der Straße wollen ja keine neurologischen Vorträge hören.
    Ich erkläre nur nach ausdrücklichem Fragen, welche Krankheit ich habe.


    Liebe Grüße nach Berlin


    Monika

    Glück hängt nicht davon ab,
    wer du bist oder was du hast,
    es hängt nur davon ab, was du denkst.

  • Glück auf

    Ich poste hier mal einen Artikel von Wikipedia der mich irgendwie ziemlich zum nachdenken gebracht hat.


    Inspiration Porn

    (Allen die bei dem Wort Porno Schnappatmung kriegen sei gesagt, das es hier nicht um Sex geht)


    Wie werden wir in der Öffentlichkeit wahrgenommen?

    Als Menschen oder als Behinderte? Warum wird da unterschieden? Inwieweit ist die Hervorstellung als Behinderte diskriminierend?


    Ich bin noch dabei den Artikel mir durch den Kopf gehen zu lassen, eure Meinung wäre aber interessant.

    Schließlich haben wir alle schon mal Diskriminierung in irgend einer Form erlebt.

    Sehr interessant finde ich in diesem Zusammenhang das Beispiel der Medien.

    per aspera ad astra

  • Das ging mal eine lange Zeit in den Kreisen der Behindertenaktivisten rum und mir ging es vielleicht wie Dir. Da habe ich lange drüber nachgedacht.


    Letztendlich aber, habe ich gemerkt, das ich mich für Leistungen die ich erreicht habe, fast schon beschämt fühlte, wenn ich dafür Anerkennung von nichtbehinderten Mitstreitern bekam. Weil ich irgendwie an diese Interpretationen dachte. Ich wurde regelrecht misstrauisch.


    Mittlerweile distanzier ich mich von solchen Gedankengängen und Behauptungen die nichtbehinderten bzw. gesunden Menschen übergestülpt wird.


    Klar, manchmal hat man schon nervige Dialoge mit seinen Mitmenschen, die sich nicht in meine Lebenssituation hineinversetzen können. Aber Hey, thats Life.


    Ich habe täglich mit verschiedenen Krankheitsbildern zu tun. Weiß ich immer wo da grade einer mental steht oder was ihm/ ihr möglich oder nicht möglich ist?


    Nein ... und da tappe ich auch mit Anlauf in die Fettnäpfchen rein und erwarte mal zuviel oder zuwenig. Oder find es total nachahmenswert wie jemand mit Einschränkungen was umsetzt.


    Nachtrag: Wie fühle ich mich wahrgenommen? Ich bin die mit Rollstuhl, die etwas länger braucht und so weiter. Leute, der gesamte Kram gehört doch zu mir. Das kann doch niemand ausblenden und so tun als ob alles "normal" wäre.

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

    Einmal editiert, zuletzt von streunerin ()

  • Mittlerweile distanzier ich mich von solchen Gedankengängen und Behauptungen die nichtbehinderten bzw. gesunden Menschen übergestülpt wird.

    Glück auf Manu

    Ja irgendwo hast Du recht. Es sind vielleicht nur Vermutungen die gesunden Leuten da eine Diskriminierung unterstellen.

    Wahrscheinlich ist es über zu viele Ecken gedacht und kommt auch sehr auf die persönlichen Befindlichkeiten an wie man es auf nimmt.

    In der Regel meinen sie es nur gut.

    Ich aber kann mit diesen "Gutmenschen" oder übertriebener Rücksicht und Freundlichkeit wenig anfangen.

    Wenn ich z.B. durch den Supermarkt rolle und die anderen Kunden drängeln und schubsen, vor mir aber reis aus nehmen, dann weiß ich das sie es eigentlich nur gut meinen, aber ich will das nicht.

    Ich hab das Gefühl das da der Ausruf "Guck mal, Lepra." in der Luft liegt.

    Ich kann ihn förmlich in einer Gedankenblase über den Köpfen hängen sehen.


    Ich will genauso gut, aber auch genauso schlecht behandelt werden wie jeder andere auch.

    In erster Linie bin ich ein Mensch im Rollstuhl.


    Die "Gutmenschen" dien sagen sie können sich in mich hineinversetzen und wissen genau wie es mir geht sind für mich oft die reinsten Heuchler.

    Niemand hat Ahnung wie es mir geht, selbst bei mir zweifle ich da oft.

    Ich kann mich ja auch nicht in Dich hineinversetzen. Einzelne Sachen kann ich eventuell nachvollziehen, aber auch nicht mehr.


    Mit direkter, frontaler Diskriminierung kann ich wesentlich besser umgehen.

    Da kann man zurück beleidigen, die Polizei rufen oder eine Fußraste durch die Gegend schmeißen.

    Aber mit der subtilen Art der Diskriminierung, dem geheuchelten Verständnis und der übertriebenen und gespielten Art der Freundlichkeit hab ich ein Problem.


    Vielleicht bin ich da einfach sehr empfindlich und interpretiere zuviel in andere hinein.

    per aspera ad astra

  • Wechseln wir doch die Perspektive. Ich bin jung, gesund, mir kann nichts passieren. Da kommt ein „Spasti im Rollstuhl“ (bewußt so despektierlich formuliert).


    Jetzt können doch mehrere Dinge in meinem Kopf vorgehen.


    - Er ist hilflos

    - Armes Wesen,…


    Aber wie gehe ich damit um. Einen gesunden Menschen würde ich im Supermarkt als Individuum kaum wahrnehmen. Und genauso würdest Du, wenn ich richtig verstehe, behandelt werden wollen.


    Aber jetzt kommen die sozialen Normen: Über die Straße helfen, Stuhl anbieten,…


    Jetzt bist du körperlich etwas hilflos, das Gegenüber aber emotional. Soll er dich ignorieren, das gehört sich nicht. Soll er dir helfen, Du willst gar keine Hilfe. Er vermeidet den direkten Kontakt, um diesen Konflikt aus dem Weg zu gehen, oder?

  • Vielleicht bin ich da einfach sehr empfindlich und interpretiere zuviel in andere hinein.

    Sagen wir es anders. Wenn man mit einer Ataxie unterwegs ist, ob zu Fuß, am Rollator oder im Rollstuhl:


    Dann ist man zig mal mehr, als ein durchschnittlich gesunder Mensch, den Blicken ausgesetzt und damit verbunden auch der "Überachtsamkeit", die dann wirklich in vielen Fällen grenzüberschreitend wird.


    Und das würde auch völlig Gesunde nervös machen. Glaub, die Tratschtanten der Straße, die auf alles achten und sofort ankommen um ein "Gespräch" über ihre Befindlichkeiten wie den Hautausschlag zu halten, mag wohl auch kaum einer so gerne ... so ähnlich ergeht es einem ja.


    Für unsereiner potenziert sich das nunmal enorm. Da fühlt man sich oft wie auf der Flucht um sich ne Dose Ravioli zu kaufen und dabei all jenen auszuweichen, die man regelrecht im Nacken spürt. Meistens holen die einen dann auch noch ein, weil so schnell ist man ja leider nicht.


    Und dann kämpft man noch mit dem Verbalen, bzw. dem nicht verstanden werden. Selber glaubt man, sein bestes Hochdeutsch zu präsentieren, aber das Gegenüber versteht nur wsssjjmmzzzuz ... dann wird es richtig krass.


    Tja, was hilft um nicht auszuticken oder sich komplett vom Leben zurückzuziehen?


    Ich versuch dann auch die Perspektive zu wechseln. Das hilft zwar um keinen zu erwürgen und die leidvolle Situation zu akzeptieren ... aber


    Überall wird von Teilhabe gesülzt, aber es ist auch enorm anstrengend für jemanden, der/die mehrfache Einschränkungen hat, die sich dazu stetig verschlechtern.


    Und ja, das Gefühl von Diskriminierung ist ein reales Problem, wie in so vielen anderen Bereichen auch.


    Das darf nicht relativiert werden, weil es die Überfürsorgenden zu gut meinen.

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

  • Hallo Streunerin, ab vom eigentlichen Thema. Das mit der verbalen Einschränkung interessiert mich. Wie hat das angefangen, was hast du dagegen unternommen, wie kommunizierst du jetzt (da es ja schwierig ist)? Aber antworte nur, wenn es nicht zu persönlich für diesen offenen Raum ist.

  • Hallo Speiche, gerne ...


    Denn die Sprachbarrieren und damit verbundenen Missverständnisse sind ja nicht ohne und führen selbst bei Freunden und/ oder im Familienkreis zu herben Situationen.


    Nur wenige Menschen haben die Geduld einen aussprechen zu lassen oder in Gespräche mit einzubeziehen.


    Oder Andere setzen den angefangenen Satz von mir einfach in einem völlig anderem Sinne fort und lassen den dann so stehen. Beispiel:


    Ich mit der Frage im Kopf: "Kann ich für den Arzttermin am xx eine Begleitung bekommen?"

    Über das: "Kann ich für ..." komm ich nicht weiter. Dann plappert die erste Assistenz, "... ach, natürlich kannst du für den Einkauf vorher zur Sparkasse"


    "Arrrrrrrrrrrrrgh, nein ich will zum Arzt" ... Antwort: "Dafür willst Du vorher zur Sparkasse?" Neiiiiiiiiiiin. Unter Umständen kommt dann noch ne Dritte und Vierte dazu und jeder weitere Versuch sich mitzuteilen ist vergeblich.


    Ganz herb ist bei uns mal eine Soz.Päd. gewesen die dazu überging eine Frage zu stellen und ich sollte nur mit Ja oder Nein antworten. Zu diesen sogenannten Fachleuten äußere ich mich besser nicht.


    Das ist schon ganz, ganz schwierig. Von ganz normalen Gesprächen schweige ich mal. Im wahrsten Sinne.


    Tja, wie lösen? Wichtige Sachen schreibe ich auf und schick die per mail oder druck das aus und leg es dem Pflegedienst vor. Unterwegs habe ich kleine Karten ganz old school für Notfälle. Ansonsten komme ich nonverbal recht gut klar. An sich versteht man mich, wenn man Geduld dafür hat.


    Seit wann lebe ich bewußt damit? Seit frühster Kindheit und dem ersten Schultag. Es zieht sich durchs Leben. Manchmal ist es mir egal, aber manchmal leide ich sehr darunter. Grade, wenn man kaum kontern kann und die Mitmenschen einen auch für geistig stark eingeschränkt wahrnehmen.

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

  • Danke für die offenen Worte.


    Stelle ich mir insbesondere in der Teenagerzeit als schwierig dar.


    Da es ja um Neurodegeneration geht, ist es sicher schlimmer geworden im Verlauf der Jahre. Logo hattest du sicherlich, aber was konnte es deiner Meinung nach Bewirken? Erkennt dich eine Spracherkennnung wie im Handy noch? Ich habe ja das Bild von Stephen Hawking mit seinem Sprachcomputer im Hinterkopf, dieses Bild geht mir nicht aus den Gedanken.

    Die Lautbildung ist sicherlich ein Problem, die Stimmbildung auch?

  • Denn die Sprachbarrieren und damit verbundenen Missverständnisse sind ja nicht ohne und führen selbst bei Freunden und/ oder im Familienkreis zu herben Situationen.


    Nur wenige Menschen haben die Geduld einen aussprechen zu lassen oder in Gespräche mit einzubeziehen.

    Glück auf


    Wenn es (für uns) nicht so traurig wäre, wäre es für außenstehende schon wieder lustig.

    Ich habe kaum Probleme mit der Aussprache, wohl aber mit dem verfolgen eines Gespräches (Partyhören).

    Das man in Gesprächen oft übergangen wird und über einen hinweg gesprochen wird ist leider sehr häufig.

    Bei Gesprächen mit nur einem gegenüber habe ich das bisher aber nicht (oder sehr selten) wahrgenommen.


    Und ja, das Gefühl von Diskriminierung ist ein reales Problem, wie in so vielen anderen Bereichen auch.

    Bevor ich hier weiter über die achso bösen Mitmenschen schimpfe muß ich denen gegenüber doch mal eine Lanze brechen.

    Die allermeisten sind schon nett und hilfsbereit und wollen einem helfen.

    Manche trauen sich nicht und machen dann etwas, wo sie meinen das es nett ist, und andere haben da weniger Berührungsängste und fragen einen direkt, ob man Hilfe brauch. Und wieder andere haben einfach einen schlechten Tag.

    Besonders die jüngeren haben scheinbar weniger Berührungsängste bei Behinderten, während ältere oft Angst haben etwas falsch zu machen.

    Und diese Angst, gepaart mit dem Willen höflich zu sein und nichts falsches tun zu wollen, lässt sie manchmal Dinge tun die befremdlich wirken.

    Da ich kaum Probleme habe mich verständlich zu machen möchte ich selbst entscheiden wann ich Hilfe brauche und wann nicht.

    Wenn ich um Hilfe gebeten habe wurde ich bisher kaum enttäuscht.

    Natürlich kommt das auch auf meine Stimmung an. Dinge die ich an dem einen Tag nett finde können am nächsten Tag mit unhöflich erscheinen.

    Meine Stimmung ändert sich (leider) sehr schnell.


    Jens

    per aspera ad astra

  • Wenn ich an meine Kindheit denke (und das war nicht im Krieg), dann war Behinderung, Hautfarbe, Religion offiziell integriert, aber in der Gesellschaft nicht als "normal" implementiert.


    Meine Kinder sind von Kindheit ein mit sog. "Bus- Igel", also von extern integrierten Kindern groß geworden. Für die ist das als Vielfalt der Normalität internalisiert. Da ist uns die neue Generation einen Schritt vorraus, das kann ich bestätigen.


    Jens, dein Problem mit dem Partyhören, siehst du das auch als Problem deiner Grundkrankheit? Prima Vista hätte ich da an alles motorische gedacht.

  • Jens, dein Problem mit dem Partyhören, siehst du das auch als Problem deiner Grundkrankheit?

    Ohne mich jetzt allzuweit aus dem Fenster lehnen zu wollen, würde ich sagen das gehört def. zur FA.

    Sind mehrere Geräusche gleichzeitig im Spiel, so habe ich Probleme mich auf ein Geräusch (Gespräch) zu konzentrieren. Ich höre dann von meinem Gegenüber nur noch Bruchstücke des gesprochenen. Bis dann alles in einer Art "Brei" übergeht.

    Es bringt dann nichts (oder wenig) wenn der gegenüber lauter wird, weil schwerhörig im klassischen Sinne bin ich (berufsbedingt) wenig.

    Bei Gesprächen mit einer Einzel Person tritt es nicht auf,.

    Auch habe ich das Gefühl das es in den letzten Jahren schlimmer geworden ist.


    Das sind meine persönlichen Erfahrungen, das kann bei anderen anders sein.

    per aspera ad astra

  • Moin zusammen,


    das Thema finde ich sehr spannend. Die Bandbreite, mit denen wir als Betroffene aber auch die "Normalos" konfrontiert sind, ist schon gewaltig.


    Dies sieht man sehr gut an dem Beispiel von Vogt im ersten Beitrag. Schlechtes Verhalten der Jugendlichen, aber im Grunde wurde er ueberschaetzt im koeperlichen Sinne, er ist ja nur besoffen. Zu, da die Auffassung/Artikulation durch die Erkrankung im Sinne des Hoerens/Sprechens beeintraechtigt ist, neigen manche Menschen zur Bevormundung oder "Geduldslosigkeit" - Unterschaetzung/Uebergehen.


    Das sind meine persönlichen Erfahrungen, das kann bei anderen anders sein.

    Ich kann das 1:1 bestaetigen.


    Aus meiner persoenlichen Sicht, finde ich das oft schwer auszuhalten. Die einen wollen einen im Rolli irgendwohin schieben, die anderen lassen einen links liegen, haengt man im Winter im Schneematsch fest.

    Die einen hoeren nicht mehr zu, faengt man lallend und in falscher Lautstaerke an zu reden, die anderen behandeln einen, als sein man geistig beeintraechtigt.


    Drehe ich die Sichtweise, also versuche ich durch die Brille eines "Normalos" zu schauen wird mir einiges klar. Typischer Weise kennen Sie lange nicht so viele Facetten von Erkrankungen wie wir. Waren noch nie in Reha z.B. einer Neuro, haben sich noch nie mit verschiedensten Einschraenkungen auseinandergesetzt. Warum? Woher sollen sie es also wissen? -- Unsicherheit. Waere aber auch viel Verlangt das zu wissen.


    Ich glaube, der Schluessel ist Praegung. Noch vor einigen Jahren war die Barrierefreiheit, Hilfsmittelversorgung, Anerkennung noch viel schlechter. Als Resultat war die Teilhabe/Sichtbarkeit von Beeintraechtigten ebenso. Als Kind im Rolli haette ich bei uns keine normale Grundschule besuchen koennen. Da gab es nur die Hilfsschule - die Abgegrenzten.

    Heute geht die Entwicklung zum Glueck mehr richtung Vielfalt. Als Kind hat man deutlich mehr Kontakt zu "anderen" Menschen. Herkunft, Beeintraechtigung, Gender (gut, Jugendliche) ueberfordert, befremdet, verunsichert, einen nicht mehr ist man einmal damit aufgewachsen. Man sieht den Menschen und nicht das anderssein, nimmt's wie's kommt.

    Dies ist aber leider keine Errungenschaft unseres Bildungssystems. 100% sind es unsere Mitmenschen, die das ueberholte Bildungssystem zusammenhalten und die Zerreisprobe durch Migration, Teilhabe, Emanzipation,... ausgleichen.


    Chapeau an z.B. Grundschullehrer: Dafuer, dass sie nun das Grosse 1x1 unterrichten duerfen und den Satzbau erklaeren, mussten Sie Mathe UND Deutsch studieren. Wer braucht da schon Kindermedizin, Kinderpsychologie oder internat. Beziehungen?! Koennen sie ja im Selbststudium nebeher lernen, wenn sie die DGL 4. Ordnung geloest haben, versteht sich...


    Lirumlarum. Mir hilft es ausgeglichener zu reagieren wenn ich mir die Hintergruende von Zeit zu Zeit ausmale und so die Beweggruende besser einordnen kann. Dann wird aus erlebter Diskriminierung meist Unsicherheit, Unwissen der anderen. Damit komme ich dann wieder an den langen Hebel und der Selbstwert steigt. Von Zeit zu Zeit platzt mir aber auch die Hutschnur oder ich bin niedergeschlagen.

    Umlaute sind ueberbewertet!

  • Habe heute erst wieder richtig Zeit zum antworten, ja, das ist wirklich ein wichtiges Thema, es zeigt ja auch noch die inneren Zustände (hört sich komisch an) mit denen man sich jeden Tag aufs Neue in den Alltag begibt.


    Und wenn der Tag vielleicht schon schlecht anfängt,und sei es "nur" durch eine Nacht mit weniger Schlaf, dann braucht es zumindest bei mir, dann auch das noch so kleinste Erfolgserlebnis um wieder selber in die Spur zu kommen. Dann freu ich mich, wenn ich hochgradig wackelig mein Frühstück alleine schaffe und ärger mich wenn dann die Assistenz überfürsorglich reagiert ... das ist für beide Seiten jeden Tag ein neues zusammenraufen ...


    Speiche ... ich hatte 2o1o einen Sprachcomputer, aber der gestaltete sich als "zu früh" für mich. Dann habe ich beim Sport meine Stimme wiedergefunden und auch Logopädie gemacht. Leider ist meine Logopädin nicht mehr hier im Haus und ich suche noch nach einer Neuen die auch Hausbesuche macht.


    Im 1:1 Kontakt geht es, aber ich habe auch wie Jens die Hörprobleme, dadurch sind Gruppengespräche doppelt schwierig ...

    Ich glaube, der Schluessel ist Praegung. Noch vor einigen Jahren war die Barrierefreiheit, Hilfsmittelversorgung, Anerkennung noch viel schlechter. Als Resultat war die Teilhabe/Sichtbarkeit von Beeintraechtigten ebenso.

    Da ist verdammt viel dran. Als Kind lebte ich auch eher abgesondert und meine Eltern, bzw. meine Mutter lebt nur noch, sind/ist bis heute ziemlich distanziert was mit Krankheit und Behinderung zu tun hat, und sie wollten "mit sowas" auch nichts zu tun haben.


    Schule und Beruf waren mir zwar relativ gut möglich, aber so richtig "normal" habe ich mich lange Zeit nicht gefühlt. Ok, den Anspruch an "Normalität" habe ich irgendwann auch nicht mehr angestrebt.


    Ich denke, sich selber zu akzeptieren, auch mit allen Einschränkungen ist immer noch ein gutes Ziel. Vieles geht nicht mehr oder hat man durch die Erkrankung unwiederbringlich verloren, aber das, was noch möglich ist, kann auch mehr sein, als es scheint.

    Liebe Grüße von Manu


    Denke nicht an das Gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert.

    Gichin Funakoshi

  • Sprachcomputer, wie funktioniert so etwas? Über Augensteuerung, Gestensteuerung?

    Wie hat dir die Logopädie geholfen.


    Ich stelle mir die Pubertät ja schlimm vor. Jeder will dem anderen Geschlecht imponieren, um eine gute Partie zu machen. Aber an offensichtlichen Reizen wie äußere Schönheit oder tollem Reden ist es ja nicht so gut bestellt. Zudem kommt ja später die genetische Nachwuchsfrage (zumindest bei den erblichen Erkrankungen). Das ist ja für eine Partnerschaft zudem eine Belastung.