Nur Fragen(sehr lang)

  • Hallo,
    sorry, dass ich hier so in das Forum platze.
    Seit einigen Tagen weiß ich, dass eine 11jährige Schülerin von mir an der Friedreichschen Ataxie erkrankt sein soll und ich bin ziemlich ratlos und benötige Ratschläge.
    Die ganze Geschichte:
    Im Herbst habe ich eine 5. Klasse am Gymnasium übernommen. Bei besagter Schülerin stand im Schülerbogen: "ataktische Störungen" - es war aber sonst nichts angegeben worden .
    Vor Weihnachten fiel mir auf, dass das Mädchen öfter weinte, wenn es Klassenarbeiten gegeben hatte. Als ich eines Tages ein Diktat schreiben wollte, brach sie in Tränen aus und konnte anschließend gar nichts mehr leisten.
    Ich bat dann die Mutter um ein Gespräch und erfuhr da, dass das Mädchen schon seit dem zweiten Lebensjahr unter ataktischen Störungen litt, dass aber die Mutter irgendwann an den Arztbesuchen verzweifelte, weil man ihr immer sagte, dass sie das alles überbewerten würde.
    Die Kleine hatte in der dritten Grundschulklasse einen schlimmen Einbruch, hat sich dann aber wieder hochgekämpft und es ins Gymnasium geschafft.
    Nun gut, zusammen mit Mitgliedern der Schulleitung überzeugte ich die Mutter, sich von einem Kinderarzt ein Attest ausstellen zu lassen, damit man dem Kind eine Zeitverlängerung bei schriftlichen Arbeiten zugestehen kann. Sie erhielt nach Besuch bei Arzt und Schulpsychologen 10% Zeitverlängerung ... wenigstens etwas. Ich hatte auch den Eindruck, dass sie sich dadurch psychisch stabilisierte.
    Letzte Woche waren die Eltern mit ihr dann doch endlich in einer Spezialklinik und dort wurde die Friedreichsche Ataxie diagnostiziert. Das endgültige Testergebnis steht noch aus, aber der Arzt war sich sicher.
    Jedenfalls wurde die Diagnose dem 11jährigen Kind vom Arzt brutal mitgeteilt und sie kam letzte Woche zu mir und sagte mir mit Tränen in den Augen, dass sie in 5 Jahren im Rollstuhl sitzen würde.
    Ich habe mittlerweile die Mutter angerufen, die diese Diagnose auch so bestätigte und auch die Tatsache, dass man es dem Kind so einfach mitgeteilt hat.
    Ich will mich darüber nicht weiter auslassen, auch wenn mich das sehr erschüttert, aber ich erkenne, dass das Mädchen jemanden braucht, der mit Sachverstand mit ihr umgeht.

    Vielleicht könnt ihr mir hier helfen?
    Was kann man ihr sagen? Wie kann man ihr helfen?
    Ich bin für jeden Ratschlag offen!
    VG und schon mal danke im Voraus!
    Martina

    Einmal editiert, zuletzt von Martina () aus folgendem Grund: Fehler entdeckt

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Martina,
    es ist ein ganz neues Ereigniss für mich, mit Freude festzustellen dass ein außerhalb der Familie stehender M E N S C H Verantwortung für ein krankes Kind übernimmt.

    Die Teilnahme an diesem Forum wird Dir bestimmt viele positive Erkenntnisse bringen.

    Herzlich Willkommen in unserem Forum.

    Einer von vielen an Deinem Fall interressierten Forenteilnehmern.

    Es melden sich erfahrungsgemäß noch einige Andere.

  • Hallo Martina!

    Dein Bericht hat mich sehr erschüttert. Mir läuft es kalt über den Rücken, und ich denke mir: "Wieder ein Kind das mit so einen schweren Schicksal fertig werden muß".

    Toll, daß du dich so für das Kind einsetzt. Ihr kennt euch ja noch gar nicht lang, aber scheinbar hat das Mächen grosses Vertrauen zu dir.

    Es ist ja schon beachtlich, daß es das Mädchen bis ins Gymnasium geschafft hat. Sie hat sicher hart an sich arbeiten müssen, um ihre Defizite erfolgreich auszugleichen.
    Was ich aber gar nicht verstehen kann ist, daß die Eltern so lange nichts unternommen haben.
    Du schreibst, daß die Eltern und das Mächen, die Diagnose erst seit Kurzem kennen.
    Da brauchen sie sicher noch Zeit, um das erstmal zu verdauen.

    Ich finde es unverzeihlich, von den Ärzten ein Kind so brutal mit der Wahrheit zu konfrontieren.

    Mein Sohn, der auch die FA hat, bekam es auch sehr schonungslos mitgeteilt. Er fiel in ein seelisches Tief, aus dem er auch nur sehr schwer wieder rausfand. Aber auch er hatte das Glück einen wunderbaren verständnisvollen Lehrer gehabt zu haben. Er befasste sich viel mit ihm, und versuchte meinen Sohn immer wieder neuen Mut zu machen.
    Ich führte mit seinem Lehrer sehr viele Gespräche und wir wurden ein recht gutes Team. Unsere gemeinsame Mission lautete: Philipp aus seinen seelischen Tief rauszuholen, und seinen schulischen Leistungen nicht überzubewerten. Ihm wieder ein bisschen Lebensmut zu geben.

    Phil hatte diesen tollen Lehrer, und das Mädchen hat dich.

    In dem Kind stecken sicher tausend Ängste, und tausend Fragen. Wenn sie merkt es gibt Jemanden, der sich wirklich für seine Probleme interessiert, erzählt es vielleicht über seine Ängste usw..
    Das wäre schon mal ein guter Anfang.
    Informier dich selber gut über die Krankheit, und sei erst mal für sie da, wenn sie einen Gesprächspartner braucht.

    Der Rollstuhl bleit ihr irgendwann nicht erspart, aber bis dahin, kann man sie sicher noch stärken, und ihr Selbstbewusstsein aufbauen.

    Sie hat noch einen steinigen Weg zu bewältigen, aber mit Hilfe eines verständnisvollen Umfeldes und Freunde wird sie es auch schaffen.

    Mehr fällt mir momentan nicht dazu ein.

    Aber ich wünsche dir, und deiner Schülerin ganz viel Kraft und noch viele gute Gespräche.

    Liebe Grüsse
    Rita

  • Hallo Martina,


    ich finde es toll, dass Du Dir als Lehrerin darüber Gedanken machst, wie dem Kind zu helfen sei.
    Hierkannst Du das Wichtigste über Friedreich'sche Ataxie nachlesen.


    Ich selber habe keine FA, daher kann ich Dir mit persönlichen Erfahrungen da nicht weiterhelfen.
    Wichtig ist auf jeden Fasll, dass man dem Kind viel Verständnis entgegenbringt.Die Schnelligkeit ist bereits verlangsamt, ebenso die Konzentration etc.


    Schönen Abend


    Monika

    Glück hängt nicht davon ab,
    wer du bist oder was du hast,
    es hängt nur davon ab, was du denkst.

    Einmal editiert, zuletzt von zauberfee ()

  • hallo martina,


    auch von mir ein sehr herzliches willkommen, auch wenn ich auf anhieb antworten geben könnte, als kind war ich in einer ähnlicher situation, so bin ich sehr froh das du an ihrer seite bist !


    ich glaube, das du bei vielen berichten hier im forum immer mehr bescheid wissen wirst ...


    was würd ich raten ? sie als ganz normale schülerin sehen und behandeln, aber verständnis haben wenn sie für die erledigung von aufgaben länger braucht ... die schulkameraden verstehn und akzeptieren das, solange sie nicht als sonderling hervorgehoben wird !


    schmunzel, eigene erfahrung: mich hat der mathelehrer immer zusammengeschießen weil ich dauernd die falschen aufgaben im heft gelöst hatte ... dafür liebten mich meine mitschüler


    eine andere lehrerin lobte mich über den klee und hatte mir bessere noten verpasst die ich garnicht verdient hatte ... dafür stand ich nach der stunde in der pause alleine ...


    liebe grüße von manuela

  • Zuallererst herzlich Willkommen hier bei uns im Forum....Schön! dass du dich so angagiert einsetzt für das Mädchen....
    Meine FA begann erst im 21.Lebensjahr..dh. erste Symptome traten mit 20 auf....
    Deshalb hab ich keine konkreten Tipps zur FA im Kindes/Teenniealter.

    bacio da bionda

    Einmal editiert, zuletzt von bionda ()

  • Hallo an alle,
    vielen Dank schon mal für eure Antworten und die Tipps - ich werde mich hier durchs Forum lesen und erst einmal Informationen sammeln!
    LG
    Martina

  • vorerst mal herzlich willkommen in dieser netten runde.


    1.) zu dir: hut ab madamme ;) ich denke, nicht jeder würde sich für diesen fall interessieren. begeistert hat mich der einsatz v. a. bezüglich des attestes für die verlängerung bei arbeiten. fand ich sehr schön.


    2.) zum mädel: da die diagnose - also die endgültige - noch recht frisch ist, glaube ich, muss die erstmal verdaut werden. wobei ich mich darüber aufregen kann, dass das so hart ausgesprochen wurde. ich wurde überprüft, ob ich suizidal (selbstmordgefährdet) bin. ich denke, um zu checken, ob ich das so überhaupt verkrafte. umsomehr frage ich mich, warum es bei ihr nicht gemacht worden ist!? :confused:


    allerdings finde ich's gerade gut, das der arzt so "offen" und "ehrlich" ist. denn... so, wie's sich anhört, steht die diagnose so gut wie fest. so haben die eltern wenigstens jetzt einmal zeit, sich darauf vorzubereiten und dem mädel den rücken zu stärken. ;) ich denke was sie jetzt braucht ist...


    ...viel kraft
    ...zeit
    ...zeit
    ...zeit
    ...realistische unterstützung von eltern und freunden und lehrern ;)
    ...verständnis



    das sind meine gedanken ;)


    also du kannst dich gerne hier auslassen. wir werden dir gerne mit rat zur seite stehen und dir vielleicht was helfen können.... ich denke, ich spreche für alle.......


    grüssle
    yngryd

  • hallo Martina, herzlich willkommen hier auch von mir.

    Deine Offenheit und dein unermüdlicher Einsatz für das Mädchen haben mir eine Gänsehaut verursacht.

    Zum Einem, ich habe selber eine Tochter mit 11 Jahren, sie hat den Beginn einer Kleinhirnatrophie und von mir die SCA 14 geerbt,

    zum Anderen, die Chance, eine Pädagogin zu finden, die sich für "ihre Schüler" ausserhalb des schul.Bereiches noch Zeit zu befassen findet, ist nicht immer selbstverständlich!

    Ehrlich muss ich sagen, der Arzt wäre gut beraten gewesen, einmal nur den Eltern die Krankheitsdiagnose zu übermitteln und für das Mädchen eine geschulte Kinderpsychologin dazuzunehmen!

    Vielleicht findet die Mama oder der Papa des Mädels den Weg hier ins Forum, da gibt es sehr gute Selbsthilfegruppen, damit sehen sie, dass sie nicht alleine sind!

    Martina, alles Liebe von mir und Hut ab vor deinem sozialen Engagement! :)

    Grüße aus Niederösterreich!

    „Ich finde, neben der Unwissenheit ist die Gleichgültigkeit das größte Übel auf der Welt.“

  • Hallo Martina,
    ergreifend, traurig und aber auch schön deinen Bericht zu lesen.
    Ich bin selbst auch von Friedreich- Ataxie betroffen.
    Die Aussage der Ärzte bezüglich der Überbewertung von neurologischen Ausfallserscheinungen- und die damit einhergehende Weigerung genaue Untersuchungen vorzunehmen kommen mir sehr bekannt vor. Ebenso dann die trockene Verkündigung der Diagnose. Mir wurden neben dem baldigen "Landen" im Rollstuhl und einer lebensverkürzenden Herzwandverdickung, so ziemlich alle Symptome in Aussicht gestellt, die irgend auftreten könnten.
    Inzwischen weiß ich, dass die FA eine Erkrankung mit sehr individueller Ausprägung ist, was irgendwelche prognosen sehr schwierig macht. Deshalb finde ich es mindestens Fahrlässig, wenn ein Arzt solche Prognosen als Gewissheit präsentiert. Das gillt natürlich besonders wenn es um Kinder geht.

    Mir persönlich hat eine intensive Auseinandersetzung mit meiner Erkrankung- und gleichzeitig mit meinem "Weltbild" im Allgemeinen (auch mit der Unterstützung eines Psychotherapeuten) sehr geholfen, sowie verständnisvolle, geduldige Menschen um mich.

    Mir scheint in diesem Fall eine Stärkung des Kindes und der Eltern sehr wichtig, wie Sie es ja schon machen. Es ist schön zu erfahren, dass Sie sich so einsetzen.

    Beste Grüße, Thomas.:)

    • Offizieller Beitrag

    Super, dieser Einsatz.
    Ich bin jetzt 36. Damals als ich die Grundschule verlies, war ich von den Noten eine Kanditin fürs Gymi, mein Lehrer meinte, ich sei so langsam wir sollten die Realschule wählen. Bei einem Arztbesuch stellte man einen kleinen Herzklappenfehler fest. So wurde ich von Sport befreit. Wegen meiner Skoliose machte ich in dieser Zeit KG. So fiel die Gangstörung gar nicht ins Gewicht.
    Meine Ausbildung als Erzieherin lief ebenso unproblematisch. Danach die Diagnose FA. Der Rollstuhl kam erst mit 26, aus Sicherheitsgründen (ich war schwanger).
    Auch heute gehe ich noch die Treppe. Wann der Rollstuhl kommt ist unterschiedlich, der Verlauf ist immer anders. Wichtig ist eine gute Therapie:KG,Logo,Ergo. Bevor der Befund mit der Anzahl der Repeats nicht da ist,
    ist noch nichts klar.

  • Hallo,
    nochmals lieben Dank für eure Antworten und Anregungen. Natürlich werde ich jetzt erst einmal schauen, wie sich das alles weiterentwickelt - und ich werde mich mal gründlich informieren. Es beruhigt mich schon, dass ich nun gelesen habe, dass die Verläufe so unterschiedlich sein können.
    Was mich ein wenig betroffen gemacht hat, ist euer Erstaunen, dass ich als Außenstehende hier nachfrage. Ich hätte gedacht, dass so etwas selbstverständlich sein müsste - aber offenbar ist das nicht so. Das macht mich schon ein wenig traurig!
    VG
    Martina

  • willkommen im club martina ;)


    grüssle
    yngryd


    ps. du machst das schon....... tschacka.......... also auf! es gibt viel zu tun

  • Hallo Martina,

    Dein Bericht hat mich sehr bewegt.

    Zum einen war ich fassungslos, dass ein Arzt den Eltern und dem Kind eine solche Diagnose auf so schonungslose Art und Weise mitteilt.

    Gleichzeitig finde ich es toll, dass Du Dich so für eine Schülerin (eine von vielen) einsetzt.
    Schön, dass es Dir wichtig ist, wie es dem Mädchen geht und wie sie mit dieser Krankheit zurechtkommt. Und ich finde es ganz prima, dass sie nun eine Zeitverlängerung bei Klassenarbeiten bekommen hat.

    Ich habe selber eine fast 11-jährige Tochter mit Friedreich-Ataxie, die in die 6. Klasse des Gymnasiums geht.
    Wir kennen die Diagnose jetzt seit 8 Monaten.
    Da ich den genetischen Befund schon vor dem Arztgespräch kannte, konnte ich veranlassen, dass das Gespräch mit dem Arzt in Abwesenheit meiner Tochter geführt wurde.
    In der Folgezeit konnten wir ihr nach und nach immer ein bischen mehr über ihre Erkrankung mitteilen.

    Da ich weiß, dass meine Tochter es nicht wollen würde, dass zu viel Persönliches über sie im Forum zu finden ist, kannst Du mich gerne über PN kontaktieren. Dann kann ich Dir sehr viel offener von uns erzählen.

    Liebe Grüße

    Anja

  • Hallo Martina,

    ich kann mich den anderen nur anschließen, es ist toll wie du dich für deine Schülerin einsetzt.

    Bei meinem Sohn wurde mit 10 Jahre Friedreich Ataxie diagnostiziert, es wurde nur uns Eltern mitgeteilt. Mein Sohn hat es aber schon lange gemerkt dass er anders ist als die anderen Kinder, körperlich im Nachteil, geistig eher voraus. Er hat die Untersuchungen miterlebt es war die Rede von einer Ataxie, aber keine Details. Es dauerte Jahre bis er in das volle Wissen über seine Krankheit hineingewachsen ist, das ist ein Prozess den er selbst mitgestaltet hat. Und der ist noch nicht beendet, noch lange nicht!! Anfangs durch pure Verdrängung, dann Schritt für Schritt immer mehr in der Lage Hilfen anzunehmen. Er ist ein Kämpfer der bis an seine Grenzen geht aber doch begreift, wo diese Grenzen liegen. Für mich als Mutter ist es brutal schwer mit anzusehen wie er Hilfe ablehnt, aber ich muss es akzeptieren denn es ist sein Umgang mit der Krankheit. Am wichtigsten war für ihn die Akzeptanz bei seinen Freunden. Er besucht ein Regelgymnasium in Bayern und wir erfahren volle Unterstützung durch die Schule und jeden einzelnen Lehrer, es finden sich immer Lösungen wenn alle an einem Strang ziehen.

    Anfangs wurde er von einem Kinderpsychologen begleitet, in paar Jahre lang, das war mein Wunsch gleich nach der Diagnose.

    Vor dem Rollstuhl hat er sich lange Zeit gefürchtet, sich geschämt. Bis es nicht mehr ging. Als der Rollstuhl dann die einzige Möglichkeit war sich noch fortzubewegen (um den 15. Geburtstag herum), hat er ihn sofort akzeptiert und von da an ging es aufwärts. Plötzlich waren Unternehmungen möglich an die man vorher jahrelang nicht denken konnte, seine Freunde haben ihn abgeholt und sie gehen jetzt völlig selbständig in die Stadt, Eisdielen, Biergärten, Kneipen.... die werden jetzt alle 17 dieses Jahr. Sie fahren mit dem Zug nach Augsburg oder München. Sie helfen ihm so selbstverständlich dass ich überhaupt keine Gedanken verschwenden muss wenn er mit ihnen unterwegs ist. Hier kann er auch die Hilfe annehmen die er von mir ablehnt, Rollstuhl schieben z. B. Wenn seine Freunde das machen ist es ganz was anderes.

    Die Integration hat geklappt wie im Märchen. Für ihn ist das am aller- allerwichtigsten. Ein Teil der Clique zu sein, ein wenig anders aber halt einfach der Flo.

    Was haben wir dazu getan? ....erstens haben wir Glück gehabt mit unserer Schule, er war von Anfang an willkommen, nicht geduldet. Die Schule konnte mit einem Aufzug nachgerüstet werden, nicht allein für meinen Sohn, das war sowieso ein Anliegen der Schulleitung und des Behindertenbeauftragten und einiger Stadträte und um einen Aufzug wurde schon Jahre vorher gerungen, Flo gab vielleicht noch einen letzten Anstoß weil er der zweite Rollstuhlfahrer an dieser Schule wurde, einer war schon vorher da.

    Von Anfang an habe ich engen Kontakt gehalten zur Schulleitung und zu den Lehrern, zu allen und das sind am Gymnasium ja ziemlich viele. Habe Infos über die Krankheit gegeben und immer wieder nachgefragt wie es läuft. Gerade in den Anfangsjahren, 5. – 8. Klasse, war das absolut wichtig. Dann wurde es lockerer weil alle an der Schule ihn schon kannten.

    Zeitverlängerung hat er natürlich bekommen aber er nutzt sie kaum, was aber seine eigene Entscheidung ist. Das ist der Ehrgeiz den er hat. Er ist trainiert im Schreiben und solange er das täglich braucht geht es wahrscheinlich. Nur die Deutschschulaufgaben schreibt er auf dem PC und viele Hausaufgaben.

    In der fünften Klasse, als Flo neu war an der Schule, haben die Kinder schon geschaut, seine Art zu gehen, das Zittern der Hände usw. Es kamen Fragen und manchmal blöde Sprüche. Es war für ihn oft schrecklich, er konnte aber nicht darüber sprechen und sagen: ich habe eine Ataxie. Darum habe ich eine Internetseite gemacht wo ich versucht habe, es für Kinder zu erklären. Wir haben die www-Adresse auf kleine Zettel geschrieben und Flo war es überlassen, sie zu verteilen falls einer nachgefragt hat, oder nicht. Einige hat er weitergegeben. Für die Lehrer habe ich Flyer selbst gemacht mit den grundlegenden Infos und auch auf die Seite verwiesen.

    Wir führen ein „offenes Haus“ .... oder wie soll ich es sonst nennen. Die Freunde vom Flo sind immer willkommen, kommen in Scharen, genießen einige Freiheiten bei uns, PC, Fernsehen, Süßes, fühlen sich wohl, schlafen oft hier, manchmal 3 – 4 Jungs alle in seinem Zimmer, veranstalten LAN-Partys. Dann treffen sie sich wieder mal zum Lernen, Flo ist so eine Art inoffizieller Nachhilfelehrer in Mathe und Physik für die halbe Klasse. Alles immer bei uns. Es herrscht oft Chaos und es ist laut und der Flur voller Schuhe und Jacken und dann werden sie mit verköstigt..... aber das ist mein Beitrag zum Ausgleich der Krankheit, weil er das braucht und es ihm so wichtig ist und er nicht so ohne weiteres in jedes andere Haus gehen kann, Stufen, Toiletten usw.....

    Du fragst was du tun kannst? Ich denke, obwohl es eigentlich Aufgabe der Eltern wäre, aber falls die das im Moment nicht können (Eltern fallen auch in ein großen Loch mit so einer Diagnose): kläre das Kollegium auf und werde Fürsprecherin für das Mädchen. Mittlerin falls es Probleme gibt in irgendeinem Fach. Zum Beispiel wenn man manuell mit dem Winkel und Zirkel in Mathe Werte ermitteln muss, die als weitere Rechenbasis dienen. Da braucht sie Hilfe weil mit zitternden Händen geht das nicht. Oder in Chemie mit den Laborgeräten hantieren. Oder das lange Schreiben in Deutsch, hier sollte bald möglichst ein PC eingesetzt werden. Befreiung vom Sportunterricht, stattdessen kann Krankengymnastik stattfinden. Die Liste der Beispiele ist lang.....

    Wenn die Hindernisse im Alltag zu groß werden gibt es immer noch den Weg einer Schulbegleitung.

    Offen mit der Klasse reden ohne das Mädchen zu beschämen. Vielleicht geht es mit einem Film. Einfach mal die „Vorstadtkrokodile“ vorführen oder einen Klassenausflug ins Kino machen, hinterher ergeben sich vielleicht von selbst Gespräche. Wenn Mitschüler fragen sollte man ihnen sachlich antworten.

    Vor allen Dingen für das Mädchen Ansprechpartnerin sein, aber dass du dich einsetzt sieht man ja schon an deinem Forumsbeitrag.

    Das Mädchen sollte so bald wie möglich Idebenone einnehmen, die Eltern einfach mal drauf ansprechen ob sie das wissen. Auch Therapie ist natürlich wichtig. Und ein Psychologe vielleicht um den Schock zu verarbeiten.

    Dann haben wir das Sozialgesetz, schön zu lesen auf dem Papier, aber die verankerten Rechte umzusetzen kostet enorm viel Kraft und Zeit und Nerven. Die Eltern werden sich da einarbeiten müssen, es ist aber wichtig dass Hilfsmittel gewährt werden und Therapien und allgemeine Erleichterungen.

    In Bayern z. B. werden Kinder mit Behinderung zur Schule befördert. Da gibt es eine Verordnung. Viele Gemeinden bzw. die Bezirke bieten außerdem sogenannte Fahrtdienste für Schwerbehinderte an, meist ab 14 oder 16 Jahren. Für den Freizeitbereich. Und mit dem Merkzeichen aG wird man auch zur ambulanten Therapie gefahren (falls man das durchboxt) – alles das trägt zur Entlastung der Familie bei und das kommt dem Mädchen wiederum zugute.

    Finanzielle Hilfe wie Pflegegeld ist auch wichtig, vor allem weil die Krankheit Kosten mit sich bringt die nicht gedeckt werden. Beispiel: Idebenone.

    Das ist jetzt lang geworden, aber es ist so viel mitzuteilen.

    Noch zwei Jahre bis zum Abitur und dann betreten auch wir wieder neues Terrain.

    Nach wie vor war und ist es für uns die beste Entscheidung: Regelschule am Wohnort.
    Nicht Internat an einer körperbehinderten Schule und damit Ausgrenzung am Heimatort.

    Ich wünsche deiner Schülerin alles Gute und dir ebenfalls..

    Herta

  • Hallo und nochmals vielen Dank!
    @Anja: Das Angebot nehme ich gerne an, wenn ich ein wenig mehr weiß. Diese Woche bin ich nicht in der Schule, da ich den Probeunterricht durchführen muss, und dann sind Ferien. Ich denke, dass dann auch die endgültige Diagnose vorliegt und die Eltern sich melden werden!
    @Herta: Ganz, ganz lieben Dank für diese Infos, das ist enorm hilfreich!
    Wenn die Eltern aufgeschlossen sind und den ersten Schock verdaut haben, werde ich versuchen, sie hierherzulotsen.

    Ihr seid ja wirklich ganz toll hier!
    LG
    Martina


  • Hallo :) Martina,
    finde es auch Toll wie du dich um deine Schülerin kümmerst,
    kannst ihr mit deinem Engagement sehr helfen.


    Hoffe es gefällt dir hier, bei uns !!!


    liebe Grüße von Bernd

  • Hi Martina
    auch von mir herzlich willkommen hier in diesem Forum


    Leider kann ich zu Kinder- und Jugendprobs bei FA nix sagen
    (begann erst nach 30)


    Aber gib den Eltern ruhig den Tipp mit dem Forum hier
    aber auch weitere gute FA-Foren wie
    http://www.babelFAmily.org
    http://www.fataxie.net
    Da sollten sie sich unbedingt informieren, weil es auch in der Forschung
    gerade bei FA weltweit z.Zt. tierisch abgeht.


    Idebenone zur Symptombekämpfung ist nur der Anfang
    ---> hier sollten die Eltern auch aktiv werden,
    dem Mädchen mit dem Medi durch eine Verlangsamung des Verlaufs Zeit zu geben
    -- bin auch bereit, persönlich Auskunft zu geben:
    entweder über meine Homepage http://www.erssoft.de oder hier per PN

    LG Ecki

    ======================================

    Fang NIE an Aufzuhören
    aber hör NIE auf Anzufangen!!

    =================================:confused: ==

  • Hallo !
    Ich habe zwar eine andere SCA, aber ich
    finde es toll wie man den Mädchen hilft.
    Alle Achtung.
    LG Wuschel

  • Hallo,
    nach langer Zeit rühre ich mich mal wieder - jetzt auch mit endgültigen Ergebnissen. Das Schuljahr ist nun zu Ende und ich kann mich endlich etwas mehr einlesen. Allerdings weiß ich nicht, ob ich die Schülerin nächstes Jahr noch haben werden, auch wenn die Eltern darum gebeten haben.
    Mittlerweile wurde die Diagnose auch durch den Test endgültig belegt und den Eltern wurde mitgeteilt, dass es keine medikamentöse Therapie gebe???
    Übrigens hat sich herausgestellt, dass beide Eltern Träger sind - ev. ist also noch der kleine Bruder betroffen, der bislang wohl noch keine Symptome zeigt. (Ich geb das mal jetzt einfach so wieder)
    Positiv ist, dass die Schulleitung der Kleinen einen Laptop zur Verfügung stellen wird und dass sie einen zweiten Satz Bücher bekommt, damit sie nichts mehr tragen muss. Die Schulleitung hat den Eltern auch abgeraten, die Tochter auf eine Schule für Körperbehinderte zu geben, da sie bei uns ja extrem gut integriert ist.
    Ach ja, jetzt hoffe ich mal, dass ich sie nächstes Schuljahr wiederbekomme. In den letzten Wochen haben sich ihre körperlichen Symptome ziemlich verschlechtert, ich hoffe sehr, dass das nicht ind iesem Tempo weitergeht.
    Ich werde mich wieder melden, wenn ich euren Rat brauche!
    Danke nochmal!
    Martina