Eine Frau will Wege ebnen
Eva Erbe ist neue Behindertenbeauftragte - wie Betroffene den Alltag meistern können, macht sie selber vor
Hann.Münden. Die Diagnose kam unverhofft. Ataxie, das bedeutet, dass Nervenzellen im Kleinhirn nicht richtig arbeiten. Die Motorik ist gestört, das Zusammenspiel der Muskeln funktioniert nicht. "Daran hapert es bei mir", sagt Eva Erbe. Als sie von ihrer Krankheit erfuhr, suchte sie Rat beim Behindertenbeauftragten der Stadt Münden. Heute, sieben Jahre später, hat sie dieses Ehrenamt selbst übernommen. Seit Januar berät sie Behinderte in allen Lebenslagen.
Arbeit hinter den Kulissen
Eine Arbeit, mit der sich Eva Erbe auskennt. Die 46-Jährige hat das alles selber durchgemacht: Erwerb eines Behindertenausweises und Nachweis des Rentenanspruches - nur zwei von vielen Formularen, die sie ausfüllen musste.
Die Mündenerin weiß, wie mühsam das ist. "Jürgen Beverförden, mein Vorgänger im Amt, hat mir damals sehr geholfen", sagt Erbe. Jetzt will sie ein Stück Hilfe zurückgeben und andere beraten.
Zweimal im Monat gibt sie Sprechstunde. "Das ist sehr wenig", sagt sie, "aber bei Bedarf werde ich das ausweiten." Der Hauptteil ihrer Arbeit findet eh hinter den Kulissen statt. "Viele Fragen, die mir gestellt werden, kann ich auf Anhieb gar nicht beantworten", sagt Eva Erbe.
Dann beginnt die Recherche. Sie hat einen guten Draht zur Stadtverwaltung. "Es hilft ungemein, dass ich Probleme auf dem kurzen Dienstweg lösen kann", sagt sie.
Schwerpunkt ihrer Arbeit soll der Abbau von Barrieren im Stadtbild sein - ein Thema, das Eva Erbe beschäftigt. "Setzen sie einen Architekten mal einen Tag in den Rollstuhl. Dem würde schnell auffallen: "Moment, das geht ja so gar nicht."
Erschwerend hinzu kommt, dass Münden eine historische Altstadt hat. "Der Denkmalschutz ist da häufig wichtiger", sagt sie. An vielen Treppen fehlen Geländer oder Rampen, in den Häusern stellen Stufen und Türschwellen häufig unüberwindbare Hindernisse da. Und auch das Kopfsteinpflaster an vielen Stellen der Stadt ist für Menschen mit Behinderungen heimtückisch.
Eine Lösung gibt es immer
Beschweren möchte sie sich aber nicht. "Die Stadt ist kooperativ und wer nach Lösungen sucht, findet auch welche", sagt Eva Erbe. Sie stellt lieber das Positive in den Vordergrund, zum Beispiel den Umbau des Mündener Bahnhofs. "Er wird barrierefrei sein." Für Menschen mit Behinderungen ein wichtiger Fortschritt. Die Behindertenbeauftragte widmet sich ihrer neuen Aufgabe leidenschaftlich. Nebenbei arbeitet sie als Anwalts- und Notargehilfin. Sie hat gelernt, ihr Leben trotz Krankheit zu leben. Wie das geht, will sie jetzt anderen zeigen.