Humanes Sterben

  • Hallo Leute,


    Da ich hier neu bin, sage ich erstmsl HALLO!!
    Nun kurz zu meiner Person........ich bin M, 47 Jahre alt, verheiratet und leide seit meiner Kindheit unter der Friedreichschen Ataxie. Als Kind war kaum etwas zu bemerken von der Krankheit......auch als Jugendlicher war das Leben noch erträglich.........aber in den letzten 10 Jahren wurde es immer schlimmer......seit 4 Wochen ist es unerträglich......ich muss aus dem Bett gehoben werden (von meiner Frau oder dem Vater).......schaffe es dann gerade noch 3-4 Meter bis zum Sessel im Wohnzimmer......dort sitze ich dann bis Abends und dann wieder ab ins Bett. Das schlimmste ist aber der Weg zur Toilette......mit viel Mühe schaff ich es noch 1-2 mal pro Woche.........ich halte das einfach nicht mehr aus!!! Was soll nur noch werden, wenn zb. mein Vater nicht mehr da ist(73!!!)....oder meine Frau es nicht mehr schafft?? Das ist doch kein Leben mehr.......in ein Pflegeheim gehe ich nicht!!! Was dort für Zustände herrschen, kann man oft genug im TV sehen.....es sei denn,Geld spielt keine Rolle und man kann sich das Heim aussuchen, was bei mir (640Euro Rente) nicht der Fall ist. Nun meine Frage an Euch. Gibt es in Deutschland einen Verein,oder Organisation die sich mit humanem Sterben befasst?? Oder ist das ein Tabu-Thema und nur in der Schweiz oder Holland möglich?


    Mit freundlichen Grüssen
    Keule

  • Zitat von Keule

    ... seit 4 Wochen ist es unerträglich


    Ich glaube, dass du gerade in einem ganz bösen Tiefpunkt steckst. Das ist sicher der völlig falsche Zeitpunkt solche Überlegungen anzustellen, auch wenn sie dann natürlich auftreten.


    Ich denke vor allem, dass es keinen Sinn hat an zukünftigen Problemen zu verzweifeln. Befasse dich nicht mit Problemen vor denen du Angst hast, dass sie auf dich zukommen. Eines habe ich im Umgang mit Erkrankten gelernt: Die Dinge kommen fast immer anders, als man sie erwartet.


    Aufgrund meiner eigenen Lebensgeschichte, besser der meiner "unehelichen Ehefrau" weiß ich, dass Alternativen zur Heimunterbringung möglich sind. Ich weiß aber auch, dass nicht jeder Fernsehbericht die Realität wiedergibt.


    Weil ich dort selbst mit engagiert bin, mein Beispiel aus Berlin.


    Was an "humanem Sterben" verkauft wird hat nach meiner Auffassung wenig mit Humanität zu tun. Letztlich ist es besonders inhuman, weil es den "Veranstaltern" dabei ums Geldverdienen geht. Nicht humanes Sterben ist das Ziel, sondern humanes Leben. Ich denke, dass du keinen Grund hast aufzugeben, auch wenn du es nicht leicht hast.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin 33 und habe FA.
    Wenn sich bei mir das Krankheitsbild verschlechtert, stelle ich mir auch oft die Frage: Warum?
    Christian hat sicher recht, das man zu solch einem Zeitpunkt keine unwiderruflichen entscheidungen treffen sollte.
    Du schreibst du sitzt dann den ganzen Tag im Sessel. Hast du keinen Rolli?
    Wenn das mühsam ist, wie stets mit einem E.Rolli?
    Ein Lifter könnte die Aufstehsituation für euch 3 erleichtern.
    Es gibt auch die sogenannten Urinierflaschen für Männer (darin sind Männer zu beneiden)
    Vielleicht kannst du erstmal deine Momentanbeschwerden entschärfen.
    Vielleicht können auch Gespräche hilfreich sein.

  • ein sehr heikles und doch sehr wichtiges Thema (finde ich)
    gerade für uns Ataxie Betroffene"!

    Ich denke in jedem von uns schlummert so ein Gedanke,sei es ein Betroffener oder ein Famitglied,
    Der Gedanke:
    Was ist, wenn ich nicht mehr alleine....usw
    und um diesem Gedanken keine Chance zu geben,solltest du dich wie Marina schon erwähnte Gedanken machen wie du dir dein Leben lebenswerter gestalten könntest siehe E-Rolli,Lifter,Urinflasche
    und was ganz wichtig ist Kontakte zur Außenwelt und...und...und...!

    Ich persönlich meine das unser Ziel NICHT das humane Sterben sein sollte,
    sondern das humane Leben!
    "Der Weg ist das Ziel!"

    bacio da bionda

  • Hallo,


    vielen Dank für Eure aufmunternden Antworten.......leider (bzw.das ist auch gut so) sind die Menschen verschieden......ich bewundere immer Behinderte, die Ihr Leben meistern und positiv denken.......aber ich gehöre zu der anderen Fraktion........ich werde mit der Situation nicht mehr fertig.....es ist für mich einfach kein Leben mehr.......ja....ich habe auch einen Rollstuhl......aber den benutze ich meist nur um etwas an die frische Luft zu kommen......ob ich in der Wohnung im Sessel sitze, oder im Rolli.....was macht das schon für einen Unterschied?......auch ist der Sessel bequemer.....dazu kommt. dass ich in einem kleinen Haus wohne mit Stufen am Eingang. Ok....ich habe mir eine Art Treppenlift besorgt....aber alleine kann ich eben nichts mehr machen. Ein Hebelift wäre natürlich eine Idee....um besser aus dem Bett/Sessel zu kommen. Auch habe ich mich völlig isoliert je schlimmer die Krankheit geworden ist......mein einziger Kontakt zur "Aussenwelt" läuft über das Internet. Ich habe absolut kein Selbstvertrauen mehr.
    Aber trotzdem nochmals Danke für Eure netten Antworten!!!


    MfG
    Keule


    P.S. eine Frage hätte ich noch: es lässt sich nicht vermeiden demnächst zum Zahnarzt zu "gehen". Als ich das letzte mal dort war, konnte ich das noch allein erledigen. Wie komme ich eigentlich dort hin?....gibt es Fahrdiehnste des DRK oder ähnlich? Wie sieht es mit den Kosten aus? Für Hilfe, bzw. Tips wär ich sehr dankbar,

  • Erstmal herzlich willkommen in unserer illustren Truppe!:)


    Schau mal hier:
    http://www.ataxie.de/vbportal/forums/showthread.php?t=385
    Ich denke so ein Lifter würde viele deiner Probleme lösen.
    Um mehr Unterstützung zu erhalten, wendest du dich am besten an den örtlichen Behindertenbeauftragten, einfach bei der Stadt oder Gemeinde nachfragen oder direkt bei der Krankenkasse.Die können dir sicher weiterhelfen!

    Glück hängt nicht davon ab,
    wer du bist oder was du hast,
    es hängt nur davon ab, was du denkst.

  • DANKE für Eure Hilfe.....was meinst Du genau??...Meine Frau ist zum Glück "die Starke".........aber Sie leidet auch sehr unter der Gesamtsituation........allerdings fress ich auch vieles in mich hinein, um Sie nicht noch mehr zu belasten......Sie muss ja fast alles allein erledigen.


    MfG
    Keule

    • Offizieller Beitrag

    Kann es sein, dass du ständig "Rücksicht" nehmen willst, um deine Frau nicht unnötig zu belasten? Hast du dir schon mal überlegt, dass du deiner Frau damit Unrecht tust? Ich nehme an, dass du schon krank warst, als ihr geheiratet habt! Deine Frau konnte also zumindest ahnen, worauf sie sich einließ und hat dich trotzdem geheiratet!!
    Natürlich ist es nicht gut, ihr mit Kleinigkeiten die Ohren voll zu jammern, aber wenn du Dinge, die dich wirklich bedrücken, eher in dich hineinfrisst, als sie mit ihr zu besprechen, tust du ihr (aus falsch verstandener Rücksichtnahme) bestimmt Unrecht und grenzt sie aus!
    Sabine

  • Ich sehe das alles aus der Sicht des Angehörigen.
    Nach meinem Dafürhalten ist die schlimmste Belastung eine seelische, nicht die körperliche. Nämlich die seeleische Belastung, die sich aus dem allgegenwärtigen Gefühl ergibt, dass man eigentlich mehr tun müsste, das dauernde Gefühl eines schlechten Gewissens, weil man seinen Mann/seine Frau alleine lässt, weil man eigene Interessen hat, weil man mal etwas alleine macht, was in jeder Beziehung sonst normal ist.


    Wenn dann der behinderte Partner seine Selbstständigkeit in den Entscheidungen bewahrt, wenn er Hilfe nur nimmt, wo er sie braucht, diese Hilfen dann auch klar anfordert, wenn er nicht verlangt, dass der andere es ja selbst sieht, was er braucht, dann entlastet er ihn mehr als wenn er resigniert, denn damit landet alle Verantwortung für alles beim "Gesunden". Diese Alleinverantwortung macht auf Dauer mürbe, weil man sich alleingelassen fühlt und überfordert ist von einer unlösbaren Aufgabe. Es sind dann keine Aufgaben definiert, also auch keine Grenzen dessen was man tun muss. Das Ergebnis ist ein andauerndes Gefühl des Versagens, der Schuld. Besonders wenn der behinderte Partner dann sagt es sei so kein Leben mehr, dafür fühlte ich mich dann verantwortlich und schuldig.

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke das ist oftmals schwer umzusetzen, deshalb ist das Miteinander reden in unseren Beziehungen wichtig.
    Es stimmt, wir verlangen oft das der Partner unsere Bedürfnisse sieht.
    Ich heule dann und fühle mich nicht verstanden,aber was bewegt mein Gegenüber.

    • Offizieller Beitrag

    Übrigens: Ein Rollstuhl erhöht auch im Haus die Beweglichkeit ungemein. Ich habe seit ein paar Tagen einen Plattformlift, kann jetzt also meinen Rolli auch im Obergeschoss nutzen. Ich komme jetzt in Ecken im Schlafzimmer und an Schränke, die ich schon seit Jahren nicht mehr erreichen konnte!
    Auch wenn im Moment alles ziemlich auswegslos erscheint, anstatt ans Sterben zu denken solltest du dir das Leben, mit Hilfe aller der Hilfsmittel, derer du habhaft werden kannst, so angenehm wie möglich gestalten!!!!


    Sabine (49, seit ca. 10 Jahren SCA, brauche meist einen Rolli)

  • Hallo Sabine,


    ja das stimmt schon.....ich weiss das......ich glaube ich stehe jetzt hier als "Jammerlappen" da.......das wollte ich nun auch nicht......aber wenn über Jahre hinweg sich die Gesamtsituation immer nur verschlechtert, kommt man (bzw. ich zumindest) an einen Punkt, wo es echt nicht mehr weiter geht.......Ihr kennt das sicher auch.....irgentwann konnte ich mal Radfahren....VORBEI.....ich konnte mal im Garten spazieren....VORBEI......ich konnte allein aus dem Bett....VORBEI......usw.,.....ok......ich habe jetzt genug gejammert und danke Euch dafür, dass Ihr mir "zugehört" habt und danke auch besonders für Eure Tips und Hilfe....


    Grüsse aus Berlin
    Keule

  • Jammern ist Ok, das gibt auch Gelegenheit offen über die eigenen Ängste und Erwartungen zu reden, es gibt beiden die Chance offen über die Situation zu reden. Ich denke das ist wichtig. Wer eine Krankheit hat, der hat auch das Rcht zu Jammen, er trägt ja auch eine besondere Last. Das muss man nicht immer nannhaft ertragen, das kann niemand.

  • Hallo Keule,
    wenn Du in Berlin wohnst hast Du ja schon die halbe Miete. Es wird dort gerade eine neue Regionalgruppe aufgebaut. Alles nette Leute in der selben Situation. Einmal zu so einem Treffen fahren und sich die Sache mal anzusehen, hat mir geholfen (ich bin aber nur Angehöriger) um Kraft zu schöpfen und meinen Mann aus seinem Jammertal zu holen. Er saß im gleichen wie Du. Er war auch fast auf dem Weg in die Schweiz.
    Jetzt geht es ihm , Gott sei Dank, besser und wir planen den nächsten Urlaub.
    Kopf hoch, es geht
    Katrin

  • Hallo Katrin,


    Danke.....vielleicht sollte ich das wirklich mal versuchen.....erstmal telefonisch......mit dem hinfahren ist das so eine Sache, da fangen die Probleme schon wieder an. Ich kann zwar Auto fahren, komme aber ohne Hilfe nicht aus selbigen raus.....aber wie gesagt.....ich kann ja mal telefonieren.


    Schönes Wochenende und nochmals Danke
    Grüsse
    Lutz

  • ... komme aber ohne Hilfe nicht aus selbigen raus.....aber wie gesagt.....ich kann ja mal telefonieren.


    ... eben, und dann wird dir jemand helfen beim Aussteigen, daran soll es nicht scheitern :)

  • und du wirst sehen>>>>>> gleich gehts dir besser:)
    es sind dort tolle Menschen um dich..die dich gerne unterstützen.

    bacio da bionda